Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO sollen die Feststellungsbeteiligten der Finanzbehörde gegenüber einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellen, der ermächtigt ist, für sie alle Verwaltungsakte und Mitteilungen in Empfang zu nehmen, die mit dem Feststellungsverfahren und dem anschließenden Verfahren über einen Einspruch zusammenhängen. Die Bestellung ist eine besondere Verfahrenshandlung, also eine Empfangsvollmacht, die sich nicht lediglich aus der gesellschaftsrechtlichen Vertretungsbefugnis oder aus einem Verwaltungsakt des FA ergibt (BFH v. 25.04.2002, II R 34/01, BFH/NV 2002, 1593; Söhn in HHSp, § 183 AO Rz. 53). Das setzt grundsätzlich voraus, dass die Bestellung durch alle Feststellungsbeteiligten erfolgt; sie muss durch später eintretende Beteiligte ebenfalls ausgesprochen werden (h. M., z. B. Brandis in Tipke/Kruse, § 183 AO Rz. 8 m. w. N.). Die Finanzbehörde kann allerdings nach ihrem Ermessen die Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten durch nur einen Teil der Beteiligten zulassen und sich im Übrigen an die anderen Beteiligten einzeln halten (AEAO zu § 122, Nr. 2.5.2 Abs. 1 Satz 2). Der Empfangsbevollmächtigte i. S. des § 183 Abs. 1 Satz 1 AO muss nicht Feststellungsbeteiligter sein. Auch Rechtsscheinsvollmachten können für die Annahme einer Empfangsvollmacht genügen (st. Rspr., zuletzt BFH v. 05.05.2011, X B 139/10, BFH/NV 2011, 1291 m. w. N.).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Feststellungsbeteiligten "sollen" einen Empfangsbevollmächtigten bestellen, sie sind nicht dazu verpflichtet, es handelt sich um eine Obliegenheit. Diese besteht ohne Rücksicht auf die Zahl der Feststellungsbeteiligten (h. M., u. a. Brandis in Tipke/Kruse, § 183 AO Rz. 9 m. w. N.). Die Bestellung ist nicht gem. §§ 328ff. AO erzwingbar. Solange die Feststellungsbeteiligten keinen Empfangsbevollmächtigten bestellt haben, muss die Finanzbehörde nach den weiteren Möglichkeiten des § 183 Abs. 1 AO vorgehen. Es kann auch eine Bekanntgabe an einen gemeinsamen Bevollmächtigten, z. B. Steuerberater, in Betracht kommen (§ 122 Abs. 1 Satz 3 AO i. V. m. § 80 AO); in diesem Fall ist der Hinweis nach § 183 Abs. 1 Satz 5 AO nicht erforderlich (s. Rz. 10 a. E.; Brandis in Tipke/Kruse, § 183 AO Rz. 10 m. w. N.).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Bestellung ist an keine Form gebunden; Schriftform empfiehlt sich zur Beweissicherung. Ihr Umfang richtet sich nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Finanzbehörde kann mit Wirkung für und gegen die Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten alle Verwaltungsakte und Mitteilungen bekannt geben, die mit dem Feststellungsverfahren und dem anschließenden Verfahren über einen Einspruch zusammenhängen. Soweit durch Maßnahmen der Finanzbehörde in den genannten Verfahren primär die Interessen einzelner Beteiligter berührt werden (z. B. Hinzuziehung eines Feststellungsbeteiligten gem. § 360 AO zu dem von anderen Beteiligten eingeleiteten Einspruchsverfahren), erfordert die pflichtgemäße Ermessensausübung die Bekanntgabe des entsprechenden Verwaltungsakts usw. auch an den besonders betroffenen Beteiligten.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Bestellung des Empfangsbevollmächtigten bleibt so lange wirksam, solange und soweit der Finanzbehörde kein Widerruf der Vollmacht zugeht (§ 183 Abs. 3 Satz 2 AO). Sie wirkt regelmäßig für künftige Bescheide in Feststellungsverfahren, ohne auf den im Erklärungsvordruck aufgeführten Zeitraum beschränkt zu sein, kann also auch zurückliegende und künftige Feststellungszeiträume betreffen (BFH v. 18.01.2007, IV R 53/05, BStBl II 2007, 369). Sie betrifft die Empfangnahme von Verwaltungsakten im Zusammenhang mit dem Feststellungsverfahren wie z. B. von Aufforderungen zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung, Auskunftserteilung, Vorlage von Urkunden, Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln, Verwaltungsakten im Außenprüfungs- und Steuerfahndungsverfahren, allen Verwaltungsakten im Rahmen eines anschließenden Einspruchsverfahrens einschließlich der Einspruchsentscheidung sowie von Mitteilungen jeglicher Art im Zusammenhang mit dem Feststellungsverfahren.