Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist ausgeschlossen, wenn das Versäumnis entschuldbar erscheint. Schuldhaft handelt, wer die erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen (und nicht die nach den Verhältnissen eines Durchschnittsbürgers) zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (s. BFH v. 11.12.1991, I R 73/90, BFH/NV 1992, 577, 79 sowie zu Einzelheiten des Verschuldensbegriffs s. § 110 AO Rz. 8 ff.). Lässt der Erklärungspflichtige die Frist zur Abgabe einer Erklärung bewusst verstreichen, handelt er auch dann nicht entschuldbar i. S. des § 152 Abs. 1 AO, wenn er rechtsirrtümlich annahm, ein Verspätungszuschlag werde bei einer zu erwartenden Erstattung nicht festgesetzt (BFH v. 26.04.1989, I R 10/85, BStBl II 1989, 693). Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht gem. § 152 Abs. 1 Satz 3 AO dem eigenen Verschulden gleich. Erfüllungsgehilfe ist eine Person, deren sich der Verpflichtete zur Erfüllung seiner Verpflichtung bedient, d. h. die mit Willen des Verpflichteten rein tatsächlich bei der Erfüllung tätig wird (näher s. § 110 AO Rz. 8, die dortige Auslegung des Begriffs "Vertreter" ist ebenso für das Verständnis des Merkmals "Erfüllungsgehilfe" maßgeblich). Das Verschulden des Erfüllungsgehilfen ist auch dann dem Verpflichteten zuzurechnen, wenn diesem hinsichtlich der Auswahl und Unterrichtung des Erfüllungsgehilfen kein Schuldvorwurf gemacht werden kann. Dieses Fehlen jeder Exculpationsmöglichkeit hat zur Folge, dass solchen Umständen nur im Zusammenhang mit den für die Ausübung des Ermessens maßgebenden Gesichtspunkten Rechnung getragen werden kann. Bei zusammenveranlagten Eheleuten wird das Verschulden gegenseitig zugerechnet (BFH v. 27.05.2009, X R 45/08, BFH/NV 2009, 1592; BFH v. 14.06.2000, X R 56/98, BStBl II 2001, 60). Arbeitsüberlastung des Vertreters entschuldigt grds. nicht (BFH v. 29.09.1989, III R 159/86, BFH/NV 1990, 615; s. FG He v. 08.02.1993, 4 K 513/92, EFG 1994, 378; zu Ausnahmefällen s. FG Nds v. 24.01.1978, VI 245/77, EFG 1978, 416; s. FG BW v. 20.06.1996, 14 K 41/92, EFG 1997, 259).
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ob ein Verschulden vorliegt, ist Rechts-, nicht Ermessensfrage (BFH v. 20.01.1993, I R 117/91, BFH/NV 1994, 359). Der Verpflichtete hat die ihn entschuldigenden Tatsachen – soweit diese nicht aus den Akten ersichtlich sind – substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen (BFH v. 08.08.1988, V R 19/83, BStBl II 1988, 929; zur Glaubhaftmachung s. § 110 AO Rz. 37).