Tz. 11
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
In welchem zeitlichen Umfang Stpfl. geprüft werden, liegt im Ermessen der Finanzbehörde. § 3 BpO ordnet dazu die Stpfl., die nach § 193 Abs. 1 AO der Außenprüfung unterliegen, in Groß-, Mittel-, Klein- und Kleinstbetriebe, wobei die Einordnung in diese Größenklassen im Dreijahresturnus – zuletzt zum 01.01.2016, s. BMF v. 09.06.2015, BStBl I 2015, 504 und zum 01.01.2019 s. BMF v. 13.04.2018, BStBl I 2018, 614 – erfolgt. Nach § 4 Abs. 2 BpO sollen Großbetriebe sowie Konzernbetriebe (§ 13 BpO; s. auch Merkblatt des BMF v. 02.07.2004, BStBl I 2004, 574) und die international verbundenen Unternehmen (§ 19 BpO) im Anschluss geprüft werden, der Prüfungszeitraum soll lückenlos an den vorhergehenden anschließen. Das Wort "soll" weist auf das sog. gebundene Ermessen der Finanzbehörde hin und lässt auch zu, dass in geeigneten Fällen auf eine Anschlussprüfung bei Großbetrieben verzichtet werden kann. Die Außenprüfung bei Großbetrieben kann auch "zeitnah" oder "im Jahrestakt" durchgeführt werden (zeitnahe Außenprüfung nach § 4a BpO; ausführlich Seer, Taxcompliance und Außenprüfung, FS M. Streck, 2011, 403, 407); eine Betriebsprüfung ist zeitnah, wenn der Prüfungszeitraum einen oder mehrere gegenwartsnahe Besteuerungszeiträume umfasst. Nach dem FinMinNRW (v. 10.09.2012, S 0401-10-V A 5) ist das der Fall, wenn zum Zeitpunkt des vorgesehenen Prüfungsbeginns das letzte Jahr des angeordneten Prüfungszeitraums nicht länger als zwei Jahre zurückliegt und der Prüfungszeitraum nicht mehr als zwei Veranlagungszeiträume umfasst. Die Rahmenbedingungen für die zeitnahe Betriebsprüfung unterscheiden sich nicht von denen der herkömmlichen Betriebsprüfung. Ob die Finanzbehörde eine zeitnahe Außenprüfung durchführt, liegt in ihrem Ermessen, ein Antragsrecht besteht nicht. Ziel ist es, die Rechts- und Planungssicherheit früher zu verwirklichen und zu verbessern. Außerdem wird dadurch das Entstehen von Nachzahlungszinsen vermieden oder eingeschränkt (Costa/Wamsler, BBK 2011, 813). Auch in diesem Fall ist über das Ergebnis der Außenprüfung ein Prüfungsbericht oder eine Mitteilung über eine ergebnislose Prüfung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO zu fertigen (§ 4a Abs. 3 BpO). § 4a BpO war erstmals für Außenprüfungen anzuwenden, die nach dem 01.01.2012 angeordnet werden. Die veranlagungsbegleitende Betriebsprüfung ist einer zeitnahen Betriebsprüfung nicht gleichzusetzen.
Tz. 12
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bei anderen Betrieben, d. h. bei Mittel-, Klein- oder Kleinstbetrieben gilt grundsätzlich eine Beschränkung des Prüfungszeitraums: er soll "in der Regel" nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BpO). Anschlussprüfungen sind zulässig (§ 4 Abs. 3 Satz 3 BpO; s. auch BFH v. 20.10.2003, IV B 67/02, BFH/NV 2004, 311 m. w. N.). Der Stpfl. hat keinen Anspruch auf eine berechenbare Prüfungspause (BFH v. 16.02.2011, VIII B 246/09, BFH/NV 2011, 748 m. w. N.). Da die Abgabe von Steuererklärungen nicht Voraussetzung für die Einbeziehung eines Jahres in die Prüfung ist, können auch Jahre einbezogen werden, für die Steuererklärungen noch nicht vorliegen; das ist insbes. für die zeitnahe Prüfung bei Betriebseinstellungen von Bedeutung. Die Beschränkung der Prüfung auf drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume gilt nur für Prüfungen von Stpfl. gem. § 193 Abs. 1 AO, nicht für Prüfungen nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO, da die Größenklasseneinordnung nur für Stpfl. i. S. des § 193 Abs. 1 AO gilt.
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO kann der Prüfungszeitraum "insbesondere" dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit besteht. Im Hinblick auf zu erwartende Mehrsteuern aus der Erweiterung ist eine generelle Festlegung eines Mindestbetrags nicht möglich. Die Erweiterung ist bei Mittelbetrieben i. d. R. zulässig, wenn je Kalenderjahr mit einem Steuermehrbetrag von mindestens 3 000 DM (= rd. 1 500 Euro) als Summe aller Steuern für den Besteuerungszeitraum zu rechnen ist (BFH v. 24.02.1989, III R 36/88, BStBl II 1989, 445); ob dies der Fall ist, ist gestützt auf Tatsachen nach der Lage im Zeitpunkt der Entscheidung über die Erweiterung, also im Zeitpunkt des Erlasses der entsprechenden Prüfungsanordnung über die Erweiterung oder der Einspruchsentscheidung gegen die Prüfungsanordnung (BFH v. 28.04.1888, IV R 106/86, BStBl II 1988, 857) zu beurteilen. Eine sich aus der Prüfung später ergebende niedrigere Steuer ändert nichts an der zuvor gegebenen Zulässigkeit der Erweiterung des Prüfungszeitraums (BFH v. 28.04.1888, IV R 106/86, BStBl II 1988, 857). Die Erweiterung muss das FA durch Prüfungsanordnung anordnen und spätestens bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz des finanzgerichtlichen Verfahrens (§ 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO; s. BFH v. 27.10.2003, III B 13/03, BFH/NV 2004, 312 m. w. N.) begründen, es sei de...