Tz. 17
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 360 Abs. 5 AO trifft Regelungen über die Hinzuziehung von mehr als 50 Personen. Dabei ist der § 360 Abs. 5 AO ein besonderer Fall der notwendigen Hinzuziehung nach § 360 Abs. 3 AO. Die Regelung entspricht weitgehend der Vorschrift des § 60a FGO für das finanzgerichtliche Verfahren, wobei dort die Möglichkeit einer Einzelbekanntgabe nicht besteht. Die Finanzbehörde kann ihrer Verpflichtung nach § 360 Abs. 3 AO nicht nur deshalb nicht nachkommen, weil eine Hinzuziehung einer Vielzahl von Personen den Verfahrensablauf verzögern und das Einspruchsverfahren erschweren würde. Es wird ihr jedoch die Möglichkeit gegeben, das Hinzuziehungsverfahren zu verkürzen und zu straffen.
Tz. 18
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Finanzbehörde bleibt es unbenommen, die notwendige Hinzuziehung durch Einzelverfügung ohne vorherige Aufforderung zu bescheiden. Die Anwendung des § 360 Abs. 3 AO bleibt durch § 360 Abs. 5 AO unberührt. Sie kann aber nach entsprechender Aufforderung auch nur diejenigen Beteiligten hinzuziehen, die eine Hinzuziehung zuvor beantragt haben. Die Vorgehensweise steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde. Die Finanzbehörde muss sich zuvor Gewissheit darüber verschafft haben, dass für zumindest 51 Personen eine Hinzuziehung nach § 360 Abs. 3 AO in Betracht kommt (so bei Beteiligten an Publikumsgesellschaften). Die darüber hinaus gehende Zahl muss nicht exakt ermittelt werden. Sind Mitberechtigte im besonderen Maße von der Einspruchsentscheidung betroffen, sollen diese auch ohne Antrag hinzugezogen werden (§ 360 Abs. 5 Satz 6 AO).
Tz. 19
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Anordnung, nur die Personen zum Verfahren hinzuzuziehen, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragt haben, ist ein Verwaltungsakt. Er ist selbstständig mit dem Einspruch anfechtbar. Aus ihm muss hervorgehen, zu welchem Verfahren hinzugezogen werden soll, warum eine Hinzuziehung notwendig ist und in welcher Frist die Hinzuziehung zu beantragen ist (Dumke in Schwarz/Pahlke, § 360 AO Rz. 42). Die namentliche Bezeichnung der Hinzuzuziehenden ist nicht erforderlich. Wird die Anordnung nicht einzeln bekanntgegeben, sondern im Bundesanzeiger veröffentlicht (Rz. 20), hat die Frist mindestens drei Monate zu betragen (§ 360 Abs. 5 Satz 3 AO).
Tz. 20
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Von einer Einzelbekanntgabe der Anordnung kann abgesehen werden. Die Bekanntgabe hat dann im Bundesanzeiger und in mindestens zwei Tageszeitungen zu erfolgen, die dort verbreitet sind, wo sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Um keinen Betroffenen von der Kenntnisnahme auszuschließen, empfiehlt sich wohl eine Veröffentlichung in überregionalen Tageszeitungen. Der fristgerechte Antrag eines Mitberechtigten bewirkt eine Hinzuziehungspflicht bei der Finanzbehörde. Die Frist ist dann gewahrt, wenn der Antrag innerhalb der Frist bei der Finanzbehörde eingeht. Bei Fristversäumnis kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 360 Abs. 5 Satz 5 AO i. V. m. § 110 AO). Der verfristete Antrag ist jedenfalls dann unverschuldet, wenn der Antragsteller geltend macht, die Veröffentlichung in der Tageszeitung sei ihm aus nachvollziehbaren Gründen nicht zugänglich gewesen. Angesichts der Tatsache, dass § 360 Abs. 5 AO den Zweck verfolgt, das Einspruchsverfahren zu straffen, sollte auch ein verfristeter Antrag immer dann Berücksichtigung finden, wenn dies aus zeitlichen Gründen noch in Betracht kommt und nicht zu Verzögerungen führt.
Tz. 21
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nichthinzugezogene sind von der Verfahrensbeteiligung ausgeschlossen. Ihnen wird die Einspruchsentscheidung weder bekanntgegeben, noch wirkt ein etwa geänderter Feststellungsbescheid gegen sie. Für das Einspruchsverfahren mangelt es an einer § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FGO entsprechenden Regelung. Für sie gilt der ursprüngliche Feststellungsbescheid weiter (Brandis in Tipke/Kruse, § 360 AO Rz. 6; a. A. Dumke in Schwarz/Pahlke, § 360 AO Rz. 45).
Tz. 22
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
vorläufig frei