1. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 42
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 171 Abs. 4 AO stellt sicher, dass nach Abschluss der Außenprüfung noch Steuerbescheide erlassen, geändert und aufgehoben werden können, ohne die Außenprüfung durch enge Zeitvorgaben zu behindern (BFH v. 15.12.1982, II R 72/81, BStBl II 1983, 384). Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO tritt ein, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit der Außenprüfung begonnen wurde oder deren Beginn auf Antrag des Stpfl. hinausgeschoben wurde.
2. Beginn der Außenprüfung
a) Qualifizierte Prüfungsmaßnahme
Tz. 43
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Begriff Außenprüfung erfasst die besonders angeordneten, i. d. R. umfassenden Ermittlungen der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Besteuerung und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind (BFH v. 13.05.1993, IV R 1/91, BStBl II 1993, 828; BFH v. 24.04.2003, VII R 3/02, BStBl II 2003, 739). Erforderlich ist, dass die Ermittlungen die Gesamtheit des Steuerfalls betreffen. Die Maßnahmen müssen derart qualifiziert sein, dass sie für den Stpfl. als Außenprüfung i. S. der §§ 193ff. AO erkennbar sind und geeignet sind, sein Vertrauen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen (BFH v. 06.07.1999, VIII R 17/97, BStBl II 2000, 306; BFH v. 24.04.2003, VII R 3/02, BStBl II 2003, 739; BFH v. 26.04.2017, I R 76/15, BStBl II 2017, 1159). Die Außenprüfung muss eine abschließende Entscheidung des Falls ermöglichen (BFH v. 05.04.1984 IV R 244/83, BStBl 1984, 790). Ermittlungen i. S. der Norm sind diejenigen Maßnahmen des Betriebsprüfers, die auf eine Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen gerichtet sind (FG Nds v. 13.05.2004, 6 K 312/00, EFG 2004, 1652). Zum Umfang einer Außenprüfung § 194 AO. Die Ablaufhemmung setzt voraus, dass eine Außenprüfung tatsächlich durchgeführt wird (BFH v. 17.06.1998, IX R 65/95, BStBl II 1999, 4).
Tz. 44
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Prüfung eines bestimmten Sachverhaltes kann auch Außenprüfung i. S. des § 171 Abs. 4 AO sein, denn die Außenprüfung kann sich auf einen oder mehrere Steuerarten oder Besteuerungsabschnitte beziehen (Kruse in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz. 32). Eine Bestandaufnahme stellt ebenso wenig eine Außenprüfung i. S. des § 171 Abs. 4 AO dar wie eine sog. betriebsnahe Veranlagung (BFH v. 06.07.1999, VIII R 17/97, BStBl II 2000, 306; BFH v. 11.10.1996, VIII B 56/95, BFH/NV 1997, 457). Einzelne gezielte Ermittlungshandlungen stellen keine Außenprüfung i. S. des § 171 Abs. 4 AO dar, ggf. ist aber § 171 Abs. 5 AO (s. Rz. 81 ff.) einschlägig. Allerdings können einzelne Maßnahmen der Steuerfahndung Außenprüfung i. S. des § 171 Abs. 4 AO sein. Die Steuer- oder Zollfahndung selber sind aber keine Außenprüfung i. S. des § 171 Abs. 4 AO, wohl hingegen die von ihnen durchgeführte Außenprüfung i. S. des § 208 Abs. 2 Nr. 1 AO (s. § 208 AO Rz. 3a). Nicht zur Außenprüfung i. S. des § 171 Abs. 4 AO gehören die Steueraufsicht (§§ 209ff. AO), die USt-Nachschau (§ 27b UStG), die Richtsatzprüfung und Prüfungen, die sich nicht auf Steuern beziehen. Keine Ermittlungshandlung ist die Zusammenstellung des Prüfungsergebnisses im Prüfungsbericht (BFH v. 08.07.2009, XI R 64/07, BStBl II 2010, 4; AEAO zu § 171, Nr. 3.5). Im Übrigen s. § 193 AO Rz. 2a ff.
b) Wirksame Prüfungsanordnung
Tz. 45
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO tritt nur bei einer wirksamen, wenn u. U. auch rechtswidrigen Prüfungsanordnung (§§ 196f. AO) ein (BFH v. 13.10.2005, IV R 55/04, BStBl II 2006, 404; BFH v. 13.10.2016, IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475). Die Hemmungswirkung setzt daher sowohl deren wirksame Bekanntgabe (§ 122 AO) als auch deren inhaltlich hinreichende Bestimmtheit (§ 197 Abs. 1 Satz 1, § 119 Abs. 1 AO) voraus (z. B. BFH v. 12.02.2015, IV R 63/11, BFH/NV 2015, 832; BFH v. 08.06.2017, IV R 6/14, BStBl II 2017, 1053). Die Prüfungsanordnung gibt den Rahmen für die Außenprüfung vor, an dem sich aus Gründen der Rechtssicherheit Eintritt und Umfang der Hemmung zu orientieren haben. Keine Ablaufhemmung ist daher anzunehmen:
- bei unwirksamer Anordnung einer tatsächlich durchgeführten Außenprüfung (Verwertungsverbot! BFH v. 10.04.1987, III R 202/83, BStBl II 1988, 165; AEAO zu § 171, Nr. 3.1 m. w. N.)
- soweit eine wirksame aber rechtswidrige Prüfungsanordnung aufgehoben wird, selbst wenn auf ihr beruhend schon Prüfungsmaßnahmen durchgeführt wurden
- bei Antrag des Stpfl. auf Hinausschieben der Außenprüfung und anschließender Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung
- bei der Aufhebung von Verwaltungsakten, die – wie bspw. die Beauftragung einer anderen Behörde nach § 195 Abs. 2 AO – gewichtige Prüfungsmodalitäten aussprechen (BFH v. 21.04.1993, X R 112/91, BStBl II 1993, 649; auch BFH v. 19.06.2007, VIII R 99/04, BStBl II 2008, 7).
Tz. 46
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Prüfungsanordnung gegenüber nicht prüfungspflichtigen Personen führt nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Prüfungsanordnung. Eine Prüfungsanordnung an eine KG, die von einem Gesellschafter fortgeführt wird, kann daher die Festsetzungsfrist hemmen (BFH v. 13.10.2005, IV R 55/04, BStBl II 2006, 404).
Tz....