1. Gegenstand der Gebührenpflicht

 

Tz. 26

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Für verbindliche Auskünfte i. S. des § 89 Abs. 2 AO sehen § 89 Abs. 3 bis 7 AO eine Gebührenregelung vor. Die Einführung einer Gebührenpflicht beruht auf der Befürchtung der Bundesländer, dass die Finanzämter durch die gesetzliche Einführung der verbindlichen Auskunft in erheblichem Maße zusätzlich belastet werden. Die Gebührenpflicht belastet den Stpfl. nicht unverhältnismäßig, zumal die Auskunftserteilung nicht zum Kernbereich der Steuerverwaltung gehört, sondern ein eigenständiges Verwaltungsverfahren darstellt. Durchgreifende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Gebührenerhebung bestehen nicht (BFH v. 30.03.2011, I B 136/10, BFH/NV 2011, 1042 und I R 61/10, BStBl II 2011, 536).

In Fällen minderer Bedeutung fällt keine Gebühr an (Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Satz 2).

Von Bedeutung ist, dass die Gebührenpflicht nur die Auskünfte nach Abs. 2 erfasst. Auskünfte nach Abs. 1 sowie verbindliche Zusagen aufgrund einer Außenprüfung, die Erteilung einer Anrufungsauskunft oder einer Zolltarifauskunft bleiben weiterhin gebührenfrei. Abgrenzungsschwierigkeiten können sich vor allem im Regelungsbereich zwischen Abs. 1 und Abs. 2 ergeben. Zur Differenzierung wird man einerseits den Wortlaut des Antrags, andererseits den Inhalt der Anfrage heranziehen müssen. Je mehr die formellen Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt sind, insbes. Auskunft über die rechtliche Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts begehrt wird, desto eher liegt die Annahme eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft. In Zweifelsfällen sollte seitens der FinVerw. zur Vermeidung eines Streits über die Kosten nachgefragt werden, welche Art der Auskunft begehrt wird.

 

Tz. 27

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Der Gebührentatbestand knüpft nicht an die Erteilung der Auskunft, sondern an ihre Bearbeitung an (§ 89 Abs. 3 AO). Sie entsteht damit bereits mit der Bearbeitung des Antrages beim FA, faktisch also mit dem Eingang des Antrags. Wird bei mehreren Antragstellern eine einheitliche Auskunft nach Abs. 2 Satz 6 erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben. Damit ist auch bei vielen Beteiligten eine erhöhte Gebühr ausgeschlossen. Hinsichtlich der einheitlichen Gebühr sind alle Antragsteller Gesamtschuldner. Die Gebühr entsteht kraft Gesetzes; die Erhebung steht also nicht im Ermessen der Finanzbehörde. Grundsätzlich ist die Gebühr vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Gebührenfestsetzung zu entrichten. Allerdings kann die Finanzbehörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen. Dies soll vermeiden, dass die FinVerw. mit ihrer Auskunft faktisch "in Vorleistung" tritt. Zugleich sollen Gebührenausfälle vermieden werden. Ein Erlass (§ 227 AO) oder eine Stundung (§ 222 AO) der Gebühren ist dem Grunde nach möglich, da es sich um steuerliche Nebenleistungen handelt.

 

Tz. 28

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Wegen der Ausgestaltung als Bearbeitungsgebühr entsteht diese unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens. Die Gebühr entsteht also unabhängig davon, ob dem Antragsteller die erbetene Auskunft positiv oder negativ beschieden wird oder ob der Antrag abgelehnt wird. Im Falle einer Rücknahme kann die Gebühr ermäßigt werden oder aus Billigkeitserwägungen auf die Gebühr verzichtet werden (Abs. 7).

2. Höhe der Gebühr

 

Tz. 29

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Für die Höhe der Gebühr knüpft das Gesetz (§ 89 Abs. 4 AO) an den als Gegenstandswert bezeichneten Wert an, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat. Bei einem Gegenstandswert von unter 10 000 EUR wird keine Gebühr erhoben (Bagatellgrenze, § 89 Abs. 5 Satz 2 AO). Nicht im Gesetz genannt ist, wie dieser Wert zu berechnen ist. Einzelheiten hierzu s. AEAO zu § 89, Nr. 4.2. Sie knüpft dem Grunde nach zu Recht an die steuerliche Auswirkung des vom Antragsteller dargelegten Sachverhalts an (BFH v. 22.04.2015, IV R 13/12, BStBl II 2015, 989). Zu vergleichen ist die entstehende Steuer bei Zugrundlegung der vom Stpfl. dargelegten Rechtsauffassung mit einer fiktiven konträren Ansicht der FinVerw. Es würde damit in der Regel der für den Steuerpflichtige ungünstigste Wert als Gegenstandswert angesehen. Diese Verwaltungsregelung hat den Vorteil einer vergleichsweise einfachen Bestimmung des Gegenstandswertes, da sie auf vertretbare Extrempositionen abstellt. Sie ist jedoch nicht zwingend und stößt insbes. im Fall einer positiven Auskunft auf Schwierigkeiten, wenn sich keine vertretbaren Gegenpositionen ausmachen lassen. U. E. kann dann auf einen Vergleich zwischen der Besteuerung ohne der zur Beurteilung gestellten Sachverhaltsgestaltung und der positiven Auskunft abgestellt werden. Im Einzelnen bleibt – so sieht es auch das Gesetz vor – eine Schätzung möglich, die möglichst einvernehmlich erfolgen sollte. Nur wenn eine Schätzung gänzlich ausgeschlossen erscheint, ist der Wert mit einer Zeitgebühr zu berechnen (§ 89 Abs. 6 AO). Zu diesem Zweck haben die Finanzbehörden Aufzeichnungen über den zeitlichen...

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