A. Inhalt und Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein Begründungszwang besteht nach § 121 AO für alle schriftlichen Steuerveraltungsakte, auf die die AO anwendbar ist (s. § 1 AO). Hierzu zählen auch Haftungsbescheide (s. § 191 AO Rz. 13) und Verspätungszuschläge (s. § 152 AO Rz. 17). Auch Nebenbestimmungen (s. § 120 AO Rz. 3) sind zu begründen. Nach der Verweisung des § 164a StBerG gilt § 121 AO auch für die Entscheidung über die Steuerberaterprüfung. Für das Zollrecht gilt Art. 6 Abs. 3 Satz 1 ZK als Spezialgesetz, das eine Begründung aller belastenden schriftlichen Entscheidungen vorsieht.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 164 Abs. 1 Satz 1 AO lässt Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu, ohne dass dies der Begründung bedarf. Dies soll nach Auffassung des BFH auch für die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gelten (BFH v. 10.07.1996, I R 5/96, BStBl II 1997, 5).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 366 AO schreibt für Einspruchsentscheidungen ausdrücklich den Begründungszwang vor, die Ausnahmen des § 121 Abs. 2 AO gelten hier nicht (s. § 366 AO Rz. 2 ff.).
B. Grundsätzlicher Begründungszwang für schriftliche, elektronische sowie für schriftlich oder elektronisch bestätigte Verwaltungsakte
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 121 Abs. 1 AO schreibt die Begründung bei einem schriftlichen oder elektronischen sowie einem schriftlich oder elektronisch bestätigten Verwaltungsakt vor, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist (zu elektronischen oder elektronisch bestätigten Verwaltungsakten s. § 87a AO und s. § 119 AO Rz. 9). Der Begründungszwang ist Ausfluss des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) und der Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG). Dem Bürger, in dessen Recht durch den Verwaltungsakt eingegriffen wird, soll durch die Mitteilung der Überlegungen der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde ermöglicht werden, seine Rechte wirksam zu verteidigen (BFH v. 03.02.1981, VII R 86/78, BStBl II 1981, 493). Lediglich mündliche Verwaltungsakte brauchen nicht begründet zu werden (Seer in Tipke/Kruse, § 121 AO Rz. 14), wenngleich sich in der Praxis auch hier eine mündliche Erläuterung an die Bekanntgabe des Verwaltungsakts anschließen dürfte. Eines Gesetzeszwangs hierzu bedurfte es nicht, weil ein mündlicher Verwaltungsakt gemäß § 119 Abs. 2 Satz 2 AO schriftlich bestätigt und damit auch schriftlich begründet werden muss, wenn an der schriftlichen Bestätigung ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Dem Rechtsschutzbedürfnis des Stpfl. ist damit ausreichend Rechnung getragen.
Tz. 5
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Eine Begründungspflicht besteht nach § 121 Abs. 1 AO nur insoweit, als dies zum Verständnis des Verwaltungsakts erforderlich ist. Davon unberührt bleiben Spezialvorschriften, die besondere Begründungspflichten anordnen. So fordert § 157 AO für Steuerbescheide die Angabe der Besteuerungsgrundlagen. Inwieweit eine Begründung "zum Verständnis" erforderlich ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls bestimmen: Abzustellen ist u. a. auf den Empfängerhorizont (BFH v. 11.02.2004, II R 5/02, BFH/NV 2004, 1062 f.). Weicht die Steuerfestsetzung von der Steuererklärung zuungunsten des Stpfl. ab, ist eine Begründung stets erforderlich (s. § 91 Abs. 1 Satz 2 AO).
Tz. 6
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Besondere Grundsätze hat die Rechtsprechung für folgende Fallgruppen herausgearbeitet: Bei Ermessensentscheidungen muss die Begründung erkennen lassen, dass die Finanzbehörde von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat und welche wesentlichen Erwägungen sie bei der Ausübung ihres Ermessens angestellt hat (s. § 5 AO Rz. 13 ff.). Fehlt bei einer Ermessensentscheidung die Begründung, ist sie im Regelfall rechtsfehlerhaft (BFH v.30.08.2017, II R 48/15, BStBl II 2018, 24; v. 17.01.2017, VIII R 52/14, BFH/NV 2017, 777). Bei Schätzungsbescheiden genügen die Angaben der Besteuerungsgrundlagen und die Begründung, dass die Schätzung wegen der Nichtabgabe der Steuererklärung erfolgt (s. § 162 AO Rz. 57). Auch die Prüfungsanordnung nach § 196 AO ist schriftlich zu begründen (s. § 196 AO Rz. 3). Soweit eine Norm ermessenslenkende Vorgaben enthält, ist eine Begründung nur erforderlich, wenn ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt (BFH v. 26.06.2007, VII R 35/06, BStBl II 2007, 742).
C. Ausnahmen vom Begründungszwang
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der allgemeine Begründungszwang bedeutet eine nicht unwesentliche Belastung der Finanzbehörde. § 121 Abs. 2 AO nimmt von dem Begründungszwang insbes. solche Fälle aus, in denen die Begründung einen sinnlosen Formalismus darstellen würde. Soweit das Gesetz ausdrücklich eine Begründungspflicht anordnet, greift § 121 Abs. 2 AO nicht ein.
I. Stattgabe eines Antrags (§ 121 Abs. 2 Nr. 1 AO)
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Betroffene, dessen Antrag stattgegeben wird oder dessen Erklärung unverändert im Steuerverwaltungsakt akzeptiert wird, kennt die Gründe für dessen Ergehen und Inhalt aus seinem eigenen Vorbringen, sodass eine Begründung nicht erforderlich ist. Dies gilt nicht, soweit der Verwaltungsakt mit Drit...