A. Inhalt und Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Verwaltungsakt wird mit seiner Bekanntgabe wirksam. Wirksamkeit bedeutet, dass die Regelung existent wird und in Kraft tritt, d. h. Rechte und Pflichten begründet, ändert oder aufhebt. Wirksamkeit bedeutet weiter, dass die Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes für die Finanzverwaltung bindend sind und nicht ohne Weiteres geändert werden können (Ausnahmen: §§ 129 bis 132 AO, §§ 164f. AO, §§ 172 bis 177 AO). Zu den Anforderungen an die Bekanntgabe und zu den Folgen von Bekanntgabemängel s. § 122 AO. Der Verwaltungsakt kann hinsichtlich der Wahrung der Festsetzungsfrist bereits mit Verlassen der Behörde, d. h. vor seiner Bekanntgabe, Wirkung entfalten (s. § 169 AO Rz. 15).
B. Wirksamwerden des Steuerverwaltungsakts (§ 124 Abs. 1 AO)
Tz. 2
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Nach § 124 Absatz 1 Satz 1 AO wird ein Steuerverwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Dies gilt nicht, wenn dem Steuerpflichtigen zuvor oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht (BFH v. 18.08.2009, X R 25/06, BStBl II 2009, 965; BFH v. 28.05.2009, III R 84/06, BStBl II 2009, 949). Abgesehen von dem Fall der Nichtigkeit des Verwaltungsakts (s. hierzu § 125 AO und § 124 Abs. 3 AO) tritt diese Folge der Bekanntgabe unabhängig davon ein, ob der Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist oder unter einem sonstigen Mangel leidet (s. Seer in Tipke/Kruse, § 124 AO Rz. 17).
Tz. 3
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Hiervon zu unterscheiden sind Fehler, die bei der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts unterlaufen sind. Diese können die Bekanntgabe unheilbar unwirksam machen, einen heilbaren Formfehler darstellen oder unbeachtlich sein. Eine unwirksame Bekanntgabe kann niemals zur Wirksamkeit des von ihr betroffenen Verwaltungsakts führen; seine Bekanntgabe muss in wirksamer Weise nachgeholt werden. Ein heilbarer Fehler in der Bekanntgabe sistiert die Wirksamkeit des Verwaltungsakts bis zum Eintritt der Heilung des Fehlers. Über Fehler bei der Bekanntgabe im Einzelnen s. § 122 AO Rz. 7.
Tz. 4
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Die Wirkung des Verwaltungsakts tritt gegenüber demjenigen ein, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Dabei ist zu beachten, dass besondere gesetzliche Bestimmungen der Finanzbehörde ermöglichen, die Bekanntgabe an bestimmte Empfänger mit einer Wirkung gegen andere vom Verwaltungsakt Betroffene vorzunehmen (s. § 183 Abs. 1 AO, § 122 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 34 Abs. 2 AO, §§ 122 Abs. 1 Satz 3, und § 123 AO). So kann die Finanzbehörde einen einheitlichen Feststellungsbescheid einem Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Beteiligten bekannt geben (s. § 183 AO).
Tz. 5
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Da ein Steuerverwaltungsakt erst mit seiner Bekanntgabe wirksam wird, bis dahin also noch ein behördeninterner Akt ist, ist er nur bis zur Bekanntgabe frei "abänderbar" bzw. "aufhebbar". Der Verwaltungsakt verliert die Eigenschaft eines behördeninternen Aktes, wenn die Behörde die Bekanntgabe des Verwaltungsakts an den oder die Betroffenen in die Wege leitet. Er ist also auch dann nicht mehr frei abänderbar, wenn ein für mehrere Betroffene bestimmter Verwaltungsakt erst einem von ihnen bekannt gegeben wurde und daher die notwendige Bekanntgabe an alle Betroffenen noch nicht abgeschlossen ist.
Tz. 6
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Die Wirksamkeit eines Steuerverwaltungsakts löst bei vollziehbaren Verwaltungsakten regelmäßig auch die Vollziehbarkeit aus, es sei denn, diese ist ausdrücklich aufgehoben. Die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes wird durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs grundsätzlich nicht gehemmt. Die Vollziehung kann nach § 361 AO bzw. § 69 FGO ausgesetzt werden. Vollstreckbarkeit tritt hingegen erst mit Bekanntgabe eines Leistungsgebotes (§ 154 AO) ein. Auch für die im Steuerverwaltungsakt aufgeschobenen Rechtswirkungen ist die Bekanntgabe Wirksamkeitsvoraussetzung.
C. Maßgeblicher Regelungsinhalt
Tz. 7
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Nach § 124 Abs. 1 Satz 2 AO wird der Verwaltungsakt mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird. Es ist also der bekannt gegebene Regelungsinhalt des Verwaltungsakts auch dann allein maßgebend, wenn er mit dem Akteninhalt, d. h. mit den Vorstufen, die sich im Laufe des Prozesses der Entstehung des Verwaltungsakts behördenintern abspielen, nicht im Einklang steht (s. BFH v. 26.07.1974, III R 94/73, BStBl II 1974, 725). Die Abweichung kann durch eine Berichtigung gem. § 129 AO (BFH v. 21.10.1987, IX R 156/84, BFH/NV 1988, 277) bzw. durch Änderung/Aufhebung des Steuerbescheids nach §§ 172ff. AO aufgehoben werden.
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Inhalt des Verwaltungsakts ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln (s. § 119 AO Rz. 3; s. BFH v. 16.03.2001, IV B 17/00, BFH/NV 2001, 1103 m. w. N.). Dabei kann jedoch nicht darauf abgestellt werden, was die Behörde mit ihrer Erklärung gewollt hat, sondern nur darauf, wie der Empfänger des Verwaltungsakts nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt...