A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die dem Erhebungsverfahren zugeordnete Vorschrift betrifft ausschließlich die Unterbrechung der Zahlungsverjährung. Für den Eintritt der Festsetzungsverjährung hat sie keine Bedeutung (s. dort die Tatbestände der Ablaufhemmung in § 171 AO).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Mit Wirkung vom 25.06.2017 ist die Vorschrift durch das StUmgBG im Interesse der Übersichtlichkeit und der Erleichterung ihrer Anwendung neu gefasst worden. Inhaltliche Änderungen gegenüber der zuvor geltenden Rechtslage sind indes nicht eingetreten.

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gemäß § 231 Abs. 1 Satz 2 AO gilt § 169 Abs. 1 Satz 3 AO sinngemäß. Dies bedeutet, dass für die Unterbrechungswirkung einschlägiger Maßnahmen der Finanzbehörden der Zeitpunkt maßgebend ist, zu dem der entsprechende Verwaltungsakt den Bereich der zuständigen Finanzbehörde verlassen hat bzw. bei öffentlicher Zustellung ein Aushang nach § 15 Abs. 2 VwZG erfolgt ist. Diese Bestimmung hat jedoch nur Bedeutung bei der Feststellung des Zeitpunkts, in dem die Unterbrechungswirkung eintritt. Das bloße Auf-den-Weg-Bringen ist für sich allein betrachtet nicht ausreichend, die Unterbrechung der Zahlungsverjährung zu verursachen. Hierfür ist erforderlich, dass die Unterbrechungshandlung tatsächliche Wirkungen erzeugt, z. B. eine Aussetzung der Vollziehung wirksam bekannt gegeben wird (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO; BFH v. 14.01.1997, VII R 66/96, BFH/NV 1997, 283; BFH v. 22.07.1999, V R 44/98, BStBl II 1999, 749) oder eine Zahlungsaufforderung demjenigen zugeht, für den sie bestimmt ist oder der von ihr betroffen wird (BFH v. 06.05.1975, VII R 109/72, BStBl II 1975, 723; BFH v. 28.08.2003, VII R 22/01, BStBl II 2003, 933). Wird die Verjährung durch einen VA unterbrochen, muss er wirksam sein und bleiben. Unterbrechenshandlungen gegenüber Handlungsunfähigen (§ 79 AO) unterbrechen die Verjährung nicht. Daraus folgt aber nicht, dass bei fehlender passiver Handlungsfähigkeit des Steuerschuldners die Verjährungsfrist generell nicht unterbrochen werden kann (BFH v. 21.11.2006, VII R 68/05, BStBl II 2007, 291; BFH v. 28.11.2006, VII R 3/06, BStBl II 2009, 575; auch s. Rz. 9).

B. Unterbrechenstatbestände

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Aufzählung der eine Unterbrechung der Verjährung bewirkenden Maßnahmen in § 231 Abs. 1 Satz 1 AO ist abschließend (BFH v. 24.09.1996, VII R 31/96, BStBl II 1997, 259; BFH v. 10.11.2003, VII B 342/02, BFH/NV 2004, 315) und eine sinngemäße Anwendung auf ähnliche Tatbestände kommt nicht in Frage. Allen Unterbrechenstatbeständen ist gemeinsam, dass es sich um Maßnahmen mit Außenwirkung handelt, wobei eine Bekanntgabe an den Vollstreckungsschuldner – wie z. B. bei der Ermittlung des Aufenthaltsorts – keine für die Unterbrechung notwendige Voraussetzung ist (s. BFH v. 24.09.1996, VII R 31/96 BStBl II 1997, 259; BFH v. 21.11.2006, VII R 68/05, BFH/NV 2007, 300). Eine bestimmte rechtliche Qualität der Maßnahme, die die Verjährung unterbrechen soll, wird nicht verlangt. Wie schon die gesetzliche Aufzählung zeigt, können solche Maßnahmen sowohl den Charakter eines VA haben, aber auch bloß Willenserklärungen oder Realakte sein (BFH v. 10.11.2003, VII B 342/02, BFH/NV 2004, 315). Hat das FA durch einen Realakt (z. B. Zahlungsaufforderung) eine Unterbrechung herbeigeführt, steht es nicht in seiner Macht, die Unterbrechungswirkung durch einen actus contrarius zu beseitigen (z. B. durch Erklärung, die Zahlungsaufforderung habe sich erledigt; BFH v. 28.11.2006, VII R 3/06, BStBl II 2009, 575).

I. Erfüllungsaufschiebende Maßnahmen (§ 231 Abs. 1 Nr. 1 AO)

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gemäß § 231 Abs. 1 Nr. 1 AO verjährungsunterbrechend sind Zahlungsaufschub (§ 223 AO), Stundung (§ 222 AO), Aussetzung der Vollziehung (§§ 361 AO, 69 FGO) und Zahlungsaufschub und sonstige Zahlungserleichterungen des Zollschuldners (Art. 110 ff. UZK) sowie Vollstreckungsaufschub (§ 258 AO), jeweils sofern die Maßnahmen dem Vollstreckungsschuldner mitgeteilt wurden (BFH v. 23.04.1991, VII R 37/90, BStBl II 1991, 742).

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Aussetzung der Vollziehung eines Grundlagenbescheids unterbricht die Verjährung des Zahlungsanspruchs bezüglich der auf dem Grundlagenbescheid beruhenden Steuern noch nicht, wohl aber die von Amts wegen anzuordnende Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids selbst (§§ 361 Abs. 3 Satz 1 AO, 69 Abs. 2 Satz 4 FGO; BFH v. 23.06.1997, VII R 119/97, BFH/NV 1998, 1322). Ist ein Folgebescheid "bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bzw. des geänderten Steuerbescheids" ausgesetzt, so endet die Aussetzung der Vollziehung und damit die Unterbrechung der Zahlungsverjährung, wenn der Folgebescheid selbst nicht angefochten ist, einen Monat nach Bekanntgabe des geänderten Folgebescheids, der aufgrund der Erledigung des Rechtsbehelfs über den Grundlagenbescheid ergeht (BFH v. 23.06.1998, VII R 119/97, BFH/NV 1998, 1322). Eine vor Erlass eines Steuerbescheids gegebene Zusage des FA, dessen Vollziehung später auszusetzen, bewirkt keine Unterbrechung...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge