Schrifttum

Seer/Drüen, Zur Rückforderung von Steuererstattungen oder -vergütungen vom Sicherungszessionar nach § 37 II AO, NJW 1999, 265.

A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Das Steuerschuldverhältnis umfasst die Gesamtheit der Rechtsbeziehungen, die sich für die Beteiligten aus der Verwirklichung eines Steuertatbestandes ergeben. Näheres hierzu enthalten die Erläuterungen zu § 38 AO. Das Steuerschuldverhältnis gehört dem öffentlichen Recht an, woraus in erster Linie folgt, dass die aus ihm erwachsenden Ansprüche der freien Verfügung der Beteiligten entzogen sind (zwingender Charakter des öffentlichen Rechts). Diese Ansprüche gehen durchweg auf Leistung von Geld. Ihre Aufzählung in § 37 Abs. 1 AO ist erschöpfend und zielt auf eine einheitliche und unmissverständliche Gesetzessprache. Strafen und Geldbußen werden nicht erfasst (s. AEAO zu § 37 Nr. 1). Auch die Entrichtungsschuld findet in § 37 Abs. 1 AO keine Erwähnung, weswegen sie nach Auffassung des BFH kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ist (BFH v. 24.03.1998, I R 120/97, BStBl II 1999, 3). Wer im Einzelfall anspruchsberechtigt bzw. leistungsverpflichtet ist, ergibt sich aus den in der AO oder in den Einzelsteuergesetzen enthaltenen Vorschriften (s. § 37 Abs. 2 und § 43 AO). Wegen des Begriffs des Steuerpflichtigen s. § 33 AO.

B. Der Steueranspruch

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Steueranspruch ist ein Anspruch auf eine Geldleistung i. S. des § 3 Abs. 1 AO. Nach § 3 Abs. 3 AO zählen zu den Steuern auch Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Art. 5 Nr. 20 und 21 UZK. Das Steuerschuldverhältnis, aus dem der Steueranspruch resultiert, ist in den Einzelsteuergesetzen geregelt. Dort ist insbes. bestimmt, wer Steuerschuldner ist (s. § 43 Satz 1 AO) und welcher Tatbestand den Anspruch zum Entstehen bringt (s. § 38 AO).

C. Der Steuervergütungsanspruch

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Steuervergütungsanspruch ist der Anspruch auf Auszahlung von Steuerbeträgen, die nicht an den Steuerschuldner erfolgt, der sie entrichtet hat, sondern an dritte Personen, auf welche die Steuer erfahrungsgemäß überwälzt worden ist (insbes. im Preis gelieferter Waren). Vergütungsansprüche sind besonders auf dem Gebiet, der Verbrauchsteuern zu finden, ein weiterer wichtiger Anwendungsfall ist die Vorsteuer nach § 15 UStG, sofern sie die Umsatzsteuer übersteigt (BFH v. 24.03.1983, V R 8/81, BStBl II 1983, 612; BFH v. 16.01.2007, VII R 4/06, BStBl II 2007, 747). Die Regelung der entsprechenden Steuerschuldverhältnisse ist den Einzelsteuergesetzen zu entnehmen. Aus diesen ergibt sich, wer Anspruchsberechtigter ist (s. § 43 Satz 1 AO) und welcher Tatbestand den Vergütungsanspruch i. S. des § 38 AO zur Entstehung bringt.

D. Der Haftungsanspruch

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Haftungsanspruch ist der unter besonderen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen (s. § 38 AO) entstehende auf Zahlung gerichtete Anspruch gegen andere als diejenigen, die an dem entsprechenden Steuerschuldverhältnis als Steuerschuldner beteiligt sind. Die Einzelregelungen sind den Vorschriften der AO (z. B. §§ 69ff. AO), den übrigen Steuergesetzen (z. B. Arbeitgeberhaftung für die LSt: § 42d EStG), dem außersteuerlichen Recht (z. B. § 25 HGB) oder vertraglichen Vereinbarungen zu entnehmen (z. B. Bürgschaft).

E. Der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung zählt ebenfalls zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis. Steuerliche Nebenleistungen sind gem. § 3 Abs. 4 AO Verzögerungsgelder (s. § 146 Abs. 2b AO), Verspätungszuschläge (s. § 152 AO), Zuschläge gem. § 162 Abs. 4 AO, Zinsen (s. §§ 233237 AO und die Regeln des UZK), Säumniszuschläge (s. § 240 AO), Zwangsgelder (s. § 329 AO) und Kosten (s. §§ 89, 178, 178a AO und §§ 337 bis 345 AO) sowie Verspätungsgelder nach § 22a Abs. 5 EStG).

F. Der Erstattungsanspruch

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Erstattungsanspruch unterscheidet sich von den übrigen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis dadurch, dass er die vorherige Erfüllung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis durch Zahlung voraussetzt (BFH v. 16.12.1008, VII R 7/08, BStBl II 2009, 514), die ohne rechtlichen Grund erfolgt ist oder für die der rechtliche Grund später weggefallen ist (s. § 37 Abs. 2 AO). Ob eine Steuer i. S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO ohne rechtlichen Grund gezahlt worden oder dieser später weggefallen ist, richtet sich regelmäßig nach den zugrunde liegenden Steuerbescheiden (BFH v. 28.04.2016, VI R 18/15, BFHE 254, 26). Der Erstattungsanspruch stellt sich daher im Regelfall als Umkehrung der sonstigen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis dar. Er kann auch auf Erstattung einer zu Unrecht erfolgten Erstattung gerichtet sein, sodass dann die Finanzbehörde Gläubigerin des Erstattungsanspruchs ist. Ein Erstattungsanspruch i. S. der Vorschrift kann der Finanzbehörde aber auch aus einer fehlgeleiteten Zahlung (Leistung an einen unbeteiligten Dritten) erwachsen. In diesem Fall handelt es sich um ein ausschließlich auf Beseitigung der unrechtmäßigen Vermögensverschiebung gerichtetes Steuerschuldverhältnis, das seine Entstehung der feh...

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