Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 54 FGO bestimmt den Beginn des Fristlaufs (§ 54 Abs. 1 FGO) und die Fristberechnung unter Verweis auf die entsprechenden Vorschriften der ZPO (§ 54 Abs. 2 FGO). Die Vorschrift gilt ausschließlich für prozessuale Fristen, während für die Fristen im Verwaltungsverfahren die §§ 108ff., 355 AO gelten (BFH v. 18.01.1974, VI R 252/70, BStBl II 1974, 226).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 54 Abs. 1 FGO beginnt der Lauf einer (prozessualen) Frist mit Bekanntgabe des Verwaltungsakts oder – bei Rechtsmitteln – der vollständigen FG-Entscheidung oder in dem Zeitpunkt, in dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt. Die Bekanntgabe ist entweder die mündliche Mitteilung (Verkündung) oder Übergabe einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift der Entscheidung mittels einer der im VwZG geregelten Zustellungsarten (s. § 122 AO Rz. 24 ff.; dazu BFH v. 11.03.2004, VII R 13/03, BFH/NV 2004, 1065), soweit es sich um die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes handelt, bzw. mittels einer in § 53 Abs. 2 FGO i. V. m. §§ 166ff. ZPO (s. § 53 FGO Rz. 1 ff.) geregelten Zustellungsart, wenn es um Entscheidungen des Gerichts geht. Nicht auf die tatsächliche Bekanntgabe, sondern auf den Zeitpunkt, in dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt, kommt es z. B. im Fall der der öffentlichen Zustellung gem. § 15 Abs. 3 VwZG bzw. § 53 Abs. 2 FGO i. V. m. §§ 185ff. ZPO an; vgl. ferner die Fälle des § 53 Abs. 3 Satz 2 FGO. Ob der Fristbeginn auf einen Sonntag, allgemeinen Feiertag oder Sonnabend (Samstag) fällt, ist unerheblich, denn das Gesetz sieht in § 54 Abs. 2 FGO i. V. m. § 222 Abs. 2 ZPO diesen Umstand lediglich für das Ende der Frist als bedeutsam an (z. B. BFH v. 29.04.2010, II R 56/09, BFH/NV 2010, 1833; BFH v. 30.11.2010, IV B 39/10, BFH/NV 2011, 613; BFH v. 13.09.2012, XI R 40/11, BFH/NV 2013, 213).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 54 Abs. 2 FGO verweist wegen der Fristberechnung auf die §§ 222, 224 Abs. 2 und Abs. 3, 225 226 ZPO, die ihrerseits auf §§ 186 bis 193 BGB verweisen (dazu z. B. FG Ha 18.04.2013, 3 K 39/13, EFG 2013, 1466).

§ 222 ZPO Fristberechnung

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

§ 224 ZPO Fristkürzung; Fristverlängerung

(1) …

(2) Auf Antrag können richterliche und gesetzliche Fristen abgekürzt oder verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind, gesetzliche Fristen jedoch nur in den besonders bestimmten Fällen.

(3) Im Falle der Verlängerung wird die neue Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet, wenn nicht im einzelnen Falle ein anderes bestimmt ist.

§ 225 ZPO Verfahren bei Friständerung

(1) Über das Gesuch um Abkürzung oder Verlängerung einer Frist kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

(2) Die Abkürzung oder wiederholte Verlängerung darf nur nach Anhörung des Gegners bewilligt werden.

(3) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch den das Gesuch um Verlängerung einer Frist zurückgewiesen ist, findet nicht statt.

§ 226 ZPO Abkürzung von Zwischenfristen

(1) Einlassungsfristen, Ladungsfristen sowie diejenigen Fristen, die für die Zustellung vorbereitender Schriftsätze bestimmt sind, können auf Antrag abgekürzt werden.

(2) Die Abkürzungen der Einlassungs- und der Ladungsfristen wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass infolge der Abkürzung die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze nicht vorbereitet werden kann.

(3) Der Vorsitzende kann bei Bestimmung des Termins die Abkürzung ohne Anhörung des Gegners und des sonst Beteiligten verfügen; diese Verfügung ist dem Beteiligten abschriftlich mitzuteilen.

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Wegen der §§ 186 bis 193 BGB s. § 108 AO Rz. 5.

Fristen i. S. der Vorschrift sind solche, die unmittelbar aus dem Gesetz folgen (Bsp.: §§ 47 Abs. 1; 55 Abs. 2; 56 Abs. 2, 3; 90 Abs. 3; 108 Abs. 1; 115 Abs. 3; 120 Abs. 1; 129 Abs. 1; 149 Abs. 2 FGO). Sie sind Ausschlussfristen, die einer Verlängerung nicht zugänglich sind, sofern nicht durch das Gesetz ausnahmsweise eine Fristverlängerung zugelassen ist. Auch die verlängerte (selbst die wiederholt verlängerte) Frist bleibt gesetzliche Frist. Im Bereich der FGO ist nur die Revisionsbegründungsfrist verlängerungsfähig (§ 120 Abs. 1 Satz 2 FGO). Für richterliche Fristen gilt nicht § 54 Abs. 1 FGO, sondern § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 221 ZPO (vgl. BFH v. 26.02.2010, IV B 6/10, BFH/NV 2010, 1109).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?