Schrifttum
Fischer, Die prozessuale Stellung der Gemeinden nach § 40 Abs. 3, § 60 Abs. 2 FGO, StuW 1972, 63;
Bartone, Auswirkungen des Insolvenzverfahrens auf das finanzgerichtliche Verfahren, AO-StB 2007, 49;
von Wedelstädt, Hinzuziehung und Beiladung, AO-StB 2007, 15 (Teil 1) und 46 (Teil 2).
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Beiladung im Verfahren vor dem FG entspricht im Wesentlichen der Hinzuziehung von Beteiligten zum außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren gem. § 360 AO, in gewissem Sinne auch der sog. Nebenintervention der §§ 66, 69 ZPO, die im Finanzprozess indessen nicht in Betracht kommt (z. B. BFH v. 23.05.1997, IX S 12/96, BFH/NV 1997, 792; auch Leipold in HHSp, § 60 FGO Rz. 19). Finanzbehörden können nicht beigeladen werden (BFH v. 23.11.1972, VIII R 42/67, BStBl II 1973, 198). Die Absätze 1 bis 3 der §§ 60 FGO und 360 AO stimmen, von redaktionellen Abweichungen abgesehen, miteinander überein. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführlichen Erläuterungen zu § 360 AO verwiesen (s. § 360 AO Rz. 3 ff.). Auch im finanzgerichtlichen Verfahren ist zwischen einfacher Beiladung (s. § 60 Abs. 1 FGO Rz. 4) und notwendiger Beiladung zu unterscheiden. Für die Fälle, in denen die Entscheidung in der Sache nur einheitlich ergehen kann, die Beiladung demnach zwingend geboten ist, spricht § 60 Abs. 3 FGO von notwendiger Beiladung (s. Rz. 5). Im Übrigen muss das FG eine beantragte Beiladung vornehmen, wenn auch nur die Möglichkeit besteht, dass die rechtlichen Interessen des Antragstellers nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden (BFH v. 08.06.1966, III B 5/66, BStBl III 1966, 466). Dies ist nach Unanfechtbarkeit eines Urteils nicht mehr möglich (BFH v. 07.02.1980, VI B 97/79, BStBl II 1980, 210). Für eine – entsprechende – Anwendung der auf die unbeschränkte Verfügung der Parteien über den Streitgegenstand zugeschnittenen Vorschriften der ZPO über die sog. Streitverkündung (§§ 72 bis 74 ZPO) ist angesichts der weitgespannten Regelung der Beiladung kein Raum (so auch BFH v. 20.02.1970, III R 75/66, BStBl II 1970, 484); beachte auch die Bestimmungen der §§ 61, 122 Abs. 2, 110 Abs. 1 Satz 2 FGO. Jede Beiladung setzt – selbstverständlich – ein noch anhängiges finanzgerichtliches Verfahren voraus (BFH v. 29.05.2008, V S 43/07, juris).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Beiladung kommt grds. auch in Beschlussverfahren in Betracht. Bei einem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 FGO) ist nach der st. Rspr. des BFH auch notwendige Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) nicht erforderlich, und zwar im Hinblick auf die jederzeitige Abänderbarkeit (§ 69 Abs. 3 Satz 5 FGO) eines in diesem Verfahren ergehenden Beschlusses (z. B. BFH v. 22.10.1980, I S 1/80, BStBl II 1981, 99). § 60 Abs. 2 FGO schließt die Beiladung in den Fällen aus, in denen die Verwaltungshoheit und die Ertragshoheit bei verschiedenen Körperschaften liegt (z. B. KiSt und – teilweise – GewSt). Wegen der hieraus resultierenden verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG (rechtliches Gehör) P. Fischer, StuW 1972, 63; Leipold in HHSp, § 60 FGO Rz. 40.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zur Durchführung der Beiladung § 60 Abs. 4 und Abs. 5 FGO. Erforderlich ist ein förmlicher Beschluss (§ 113 FGO; BFH v. 15.11.1967, IV R 281/66, BStBl II 1968, 122), der allen Beteiligten zuzustellen ist (§ 60 Abs. 4 Satz 1 FGO) und gem. § 128 FGO mit der Beschwerde angefochten werden kann (BFH v. 27.05.1981, I R 112/79, BStBl II 1982, 192; BFH v. 14.01.1987, II B 108/86, BStBl II 1987, 267). Demgegenüber ist die Unterlassung einer Beiladung nicht selbstständig mit der Beschwerde anfechtbar (BFH v. 28.07.2009, I B 64–66/09 u. a., BFH/NV 2010, 46). Erst mit dem gerichtlichen Beiladungsbeschluss wird der Dritte Beteiligter i. S. von § 57 Nr. 3 FGO (BFH v. 18.09.1974, II R 129/73, BStBl II 1975, 40; s. § 57 FGO Rz. 4). Zur Wirksamkeit des Beiladungsbeschlusses schon durch Verkündung während der mündlichen Verhandlung infolge Anwesenheit der Beizuladenden BFH v. 03.12.1986, II R 59/86, BStBl II 1987, 302. Der Beiladungsbeschluss kann vom FG auch noch nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils erlassen werden; dies führt jedoch dann zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung, wenn die Beiladung erst nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausgesprochen wird und das FG die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet hat (BFH v. 04.08.1983, IV R 222/80, BStBl II 1983, 762). Die verfahrensmäßige Rechtsstellung der Beigeladenen regelt § 60 Abs. 6 FGO. Im Unterschied zum außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren, in dem die Behörde an die Anträge der Beteiligten nicht gebunden ist (§ 367 AO Rz. 12), wirkt sich im finanzgerichtlichen Verfahren die Bindung des Gerichtes an das Klagebegehren aus (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Das erklärt die besonderen Vorschriften über die Anträge, die der Beigeladene stellen kann. § 60 Abs. 6 Satz 1 FGO entspricht dem Grundsatz, dass sich die Beiladung nicht gegen das Interesse des ...