Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 116
Die Stiftung bürgerlichen Rechts ist als sonstige juristische Person öffentlichen Rechts grundsätzlich körperschaftsteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG). Für Stiftungen existieren mit Ausnahme der Einkünftequalifikation keine Sondervorschriften für die laufende Ertragsbesteuerung. Für einzelne Stiftungstypen sind Besonderheiten zu beachten. Bei der Ermittlung des Einkommens kommt der Stiftung ein Freibetrag von 5.000 EUR nach § 24 KStG zugute, da sie ihren Begünstigten keine Einkünfte i. S. d. § 20. Abs. 1 EStG gewährt. Besonderes Augenmerk des steuerlichen Beraters im Zusammenhang mit der Errichtung einer Stiftung sollte dem Beginn der Ertragsteuerpflicht gelten. Die KSt-Pflicht entsteht unstreitig spätestens im Zeitpunkt der behördlichen Anerkennung der Stiftung, durch die die Stiftung als "sonstige juristische Person des Privatrechts" i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG ins Leben tritt. Für die von Todes wegen errichtete Stiftung ist die Steuerpflicht wegen der Rückwirkungsfiktion des § 84 BGB auf den Todeszeitpunkt als den Zeitpunkt des Vermögensübergangs anzuknüpfen (BFH vom 17.09.2003 – I R 85/02, BStBl II 2005, 149). Für die lebzeitig errichtete Stiftung besteht in der Literatur ein Bedürfnis nach der Vorverlegung der Steuerpflicht auf den Tag des Stiftungsgeschäfts, da insb. bei gemeinnützigen Vorhaben ein längerer Verwaltungsprozess bis zur Anerkennung einzuplanen ist und gegebenenfalls vor der Anerkennung bereits geleistete Spenden nicht abzugsfähig sind – so hat es zumindest der BFH entschieden (BFH vom 11.02.2015 – X R 36/11, BStBl II 2015, 545). Die Literatur diskutiert eine Vorverlegung für den Fall, dass der Stifter auf sein Recht, das Stiftungsgeschäft bis zur Anerkennung zu widerrufen, verzichtet (vgl. Dötsch/Jost/Pung/Witt/Jost, KStG, 98. EL Feb. 2020, § 5 Abs. 1 Nr. 9 Rn. 6). Dem steht jedoch entgegen, dass die Unwiderrufbarkeit des Stiftungsgeschäfts zumindest theoretisch nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu einer automatischen Anerkennung der Stiftung führt. Eine Vorverlegung kommt auch nicht über die Rechtsfigur einer "Vorstiftung" als umständliches und weitgehend unnötiges Gedankenkonstrukt in Analogie zur Vorgesellschaft bei Gründung einer KapG in Betracht. Diese Rechtsfigur wird von einer Mindermeinung vertreten (Schwinge, BB 1978, 528; Grüneberg/Ellenberger, BGB § 80 Rn. 2, § 21 Rn. 9, wohl auch Wachter in Spiegelberger, Vermögensnachfolge, 3. A. 2020, § 19 Rn. 47 ff.), aber von der oben genannten BFH-Rechtsprechung nicht anerkannt. Besteht Bedarf, vor der Anerkennung bereits die Abzugsfähigkeit von Spenden herzustellen, ist an die Errichtung einer nicht rechtsfähigen Stiftung ad interim, bspw. über eine Treuhandschaft, nachzudenken (BFH vom 11.02.2015 – X R 36/11Rn. 51; vgl. Lampert, in Gosch, KStG, 4. A. 2020, § 1 Rn. 83a).
6.1.1 Einkünftequalifikation
Rz. 117
Die rechtsfähige Stiftung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG (und die nicht rechtsfähige Stiftung nach Nr. 5) erfüllen im Gegensatz zu den KapG nicht ausschließlich den Tatbestand der Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Fiktion aller Einkünfte als gewerbliche Einkünfte, die § 8 Abs. 2 KStG für Körperschaften vorsieht, findet auf Stiftungen keine Anwendung (vgl. Demuth, KÖSDI 2018, 20909; zur Rechtslage bis 2005 vgl. BFH vom 19.11.2003 – I R 33/02, BFH/NV 2004, 445). Stiftungen und andere Vermögensmassen, die keine Körperschaften sind, können grundsätzlich alle Einkunftsarten realisieren, die unter die Tatbestände der §§ 13, 15, 20, 21 und 22 EStG zu subsumieren sind. Folglich können Stiftungen auch mit anderen Einkunftsarten als gewerblichen Einkünften der KSt unterliegen. Eine einzige Ausnahme davon bildet die Unternehmensträgerstiftung, da sie unmittelbar ein Handelsgewerbe gem. § 238 HGB und damit einen Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG unterhält. Die Einkommensermittlung richtet sich nach dem EStG (§ 8 Abs. 1 KStG), sodass die Stiftung vom Gesamtbetrag der Einkünfte auch Sonderausgaben abziehen kann, während nach h. M. ein Abzug von außergewöhnlichen Belastungen gem. § 33 EStG nicht möglich ist. Ansonsten gelten alle Besonderheiten der jeweiligen Einkunftsart. Da die rechtsfähige Stiftung nicht automatisch alle Zuflüsse als betriebliche Erträge vereinnahmt, kann sie ebenso wie eine natürliche Person sowohl einen betrieblichen Bereich als auch einen nicht betrieblichen Bereich ("Privatbereich") haben (BFH vom 12.10.2011 – I R 102/10, BStBl II 2014, 484).
Aufwendungen für die zweckgemäße Verwendung der Vermögenserträge der Stiftung sind daher i. d. R. Einkommensverwendungen, die das Einkommen nicht mindern. Wie bei natürlichen Personen, bei denen Aufwendungen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, nur abziehbar sind, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht, bedarf es bei KSt-Subjekten, die eine außerbetriebliche Sphäre haben, einer besonderen Vorschrift, die den steuermindernden Abzug der Aufwendungen ausdrücklich zulässt. Im Privatbereich kann die Stiftung private Veräußerungsgeschäfte i. S. d. § 23 EStG verwirklichen, die innerhalb de...