Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 160
Unter dem Stichwort Asset Protection fasst die Gestaltungspraxis Strategien zusammen, die Vermögenswerte durch Übertragung vom Inhaber auf eine ihm nahestehende Person langfristig vor Haftungsrisiken beim (ehemaligen) Inhaber abschirmen sollen, sodass ein Gläubiger des Inhabers nicht beim Inhaber in diese Vermögenswerte vollstrecken kann. Hierzu kommt auch die rechtsfähige Stiftung, die den Stifter und seine Familie versorgen kann, in Betracht, sodass zumindest eine wirtschaftliche Weiternutzung des übertragenen Vermögensgegenstandes für den Stifter möglich ist. Geeignet sind hierfür grundsätzliche alle Arten von Vermögenswerten, vor allem aber Gesellschaftsbeteiligungen, Kapitalvermögen, Immobilien (auch die eigengenutzte, vgl. Werner, ZEV 2014, 66) und alle anderen Arten von Vermögenswerten. Der Vorteil der Stiftung besteht in dieser Hinsicht darin, dass die Nutzung nicht von der persönlichen Beziehung des Übertragenden zu einer anderen Person abhängt, wie es bspw. bei der Übertragung auf den Ehegatten der Fall ist.
Rz. 161
Die rechtsfähige Stiftung ist rechtlich vollkommen unabhängig. Sie vermittelt weder dem Stifter noch den Begünstigten oder dem Vorstand irgendwelche pfändbaren Beteiligungsrechte – im Gegensatz zu einer PersG oder KapG. Es besteht auch kein pfändbares Kündigungsrecht, durch das ein Gläubiger den Bestand der Stiftung gefährden könnte (vgl. von Oertzen/Hosser, ZEV 2010, 168). Die Möglichkeiten der Asset Protection durch eine Stiftung sind jedoch eingeschränkt durch den Grundsatz, dass keine Stiftung nur für den Stifter errichtet werden kann, dass Vermögenszuflüsse von der Stiftung an den Stifter selbstverständlich pfändbar sind, und vor allem durch das Risiko einer Anfechtung nach dem AnfG.
Rz. 162
Das AnfG und die InsO unterstellen bestimmte gläubigerbenachteiligende "Rechtshandlungen" eines Schuldners der Anfechtung gem. §§ 1 AnfG, 129 InsO. Rechtshandlung in diesem Sinne sind auch die Dotation einer Stiftung und die Zustiftung (jedenfalls h. M., vgl. Rosenberger, RNotZ 2020, 357; Bisle, DStR 2012, 525, 526 f., Jakob, ZSt 2005, 99; von Oertzen/Hosser ZEV 2010, 168, 172 ff.; von Oertzen/Ponath, Asset Protection im deutschen Recht, 3. Aufl. 2019, § 4 Rn. 103 ff.; Werner, ZEV 2014, 66, 67). Was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist (§ 11 Abs. 1 AnfG).Je nach Art der Rechtshandlung und Motivation des Schuldners sind die Fristen, innerhalb derer eine Anfechtung möglich ist, unterschiedlich lang.
Rz. 163
Innerhalb einer Frist von zwei Jahren vor Anfechtung oder Insolvenzantrag anfechtbar ist eine entgeltliche Leistung an eine dem Schuldner nahestehende Person (§ 3 Abs. 2 AnfG, § 133 Abs. 2 InsO), wenn Gläubiger des Schuldners durch den Vertrag unmittelbar benachteiligt werden. Nahestehende Personen sind nach § 138 Abs. 1 Nr. 4 InsO der Ehegatte oder Verwandte des Schuldners oder seines Ehegatten. Sind im Vorstand einer Stiftung der Ehegatte oder Kinder des Stifters vertreten sind, soll auch die Familienstiftung daher nahestehende Person sein.
Rz. 164
Innerhalb einer Frist von vier Jahren anfechtbar sind unentgeltliche Leistungen des Gläubigers (sog. Schenkungsanfechtung, §§ 4 AnfG, 134 InsO). Umstritten ist, ob die originäre Dotation einer neu errichteten Stiftung unentgeltliche Zuwendung i. S. d. § 4 AnfG sei. Dagegen solle sprechen dass die §§ 4 AnfG, 134 InsO mit dem Begriff "unentgeltliche Zuwendung" eine Schenkung voraussetzen würden, während die Stiftung ein einseitiges Rechtsgeschäft sui generis sei; auch, dass die Stiftung erst mit der Dotation und der Anerkennung entstehe und insofern bei Leistung der Dotation keine "Zuwendung" an eine andere Person vorliege (von Oertzen/Hosser, ZEV 2010, 168 (173); Jakob, ZSt 2005, 102). Für eine Anwendung der §§ 4 AnfG, 134 InsO spricht hingegen der Wortlaut der Vorschriften, der gerade keine "Schenkung" voraussetzt. Die h. M. wendet diese Vorschriften daher zurecht auf die Stiftungsdotation und erst recht auf die Zustiftung an (vgl. MüKoAnfG/Kirchhof, 2012, AnfG § 4 Rn. 60; Hof in Seifart/von Campenhausen, § 7 Rn. 62; Muscheler, AcP 203 (2003), 491; Fritsche, ZSt 2003, 119).
Rz. 165
Anfechtbar innerhalb einer Frist von zehn Jahren sind schließlich Rechtshandlungen, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung oder vor dem Insolvenzantrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte (sog. Vorsatzanfechtung, §§ 3 Abs. 1 AnfG, 133 Abs. 1 InsO). Der Stiftung als Zuwendungsempfänger ("anderer Teil") ist nach den allgemeinen Regeln über die Wissenszurechnung die Kenntnis ihrer Vertreter, also des Vorstands, zuzurechnen (von Oertzen/Ponath, § 4 Rn. 103; von Oertzen/Hosser, ZEV 2010, 168; Bisle, DStR 2012, 525; Jakob, ZSt 2005, 99). In einer Gestaltungssituation mi...