Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 257
Ein noch stärker liberalisiertes Recht bietet das Fürstentum Liechtenstein hinsichtlich der Familienstiftung an. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in Art. 552 des Personen- und Gesellschaftsrechts (§§ 1 bis 41) (LGBl Nr. 4 vom 19. Februar 1926, vollständig revidiert durch LGBl. 2008/220). Auch die liechtensteinische Stiftung kann als eigennützige Stiftung allein zur Versorgung des Stifters errichtet werden. Stifter können eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen sein (Art. 552 § 4 Abs. 1 PGR). Die Gründung durch einen Treuhänder ist zulässig (Art. 552 § 4 Abs. 3 PGR). Zulässig sind alle Zwecke außer der reinen Selbstzweckstiftung. Zumindest teilweise muss die Stiftung daher ausschütten (vgl. Schopper/Walch in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, 3. Aufl. 2022, Teil E, § 62 Rn. 82). Die Geschäftsführung obliegt einem Stiftungsrat, der aus wenigstens zwei Mitgliedern besteht (Art. 552 § 24 Abs. PGR). Der Stifter kann selbst bestimmen, ob seine Stiftung der staatlichen Aufsicht untersehen soll oder nicht (Art. 552 § 29 Abs. 1 PGR). Im letztgenannten Fall obliegt die Aufsicht den Beteiligten der Stiftung. Das Mindestkapital der Stiftung beträgt entweder 30.000 CHF oder alternativ 30.000 $ oder 30.000 EUR (Art. 552 § 13 PGR). Es ist vollständig in das Vermögen der Stiftung zu leisten. Darüber hinausgehende Beträge sind nach dem Gesetz nicht zwingend mit der Gründung einzuzahlen.
Rz. 258
Noch weitergehend als bei der österreichischen Familienstiftung kann sich der Stifter sowohl den jederzeitigen Widerruf wie auch die jederzeitige Änderung der Stiftungsverfassung und des Stiftungszwecks vorbehalten (vgl. Walch, PSR 2014, 119, 122 m. w. N.). Die Stiftung entsteht mit ihrer Errichtung. Die privatnützige Stiftung muss nicht in das Handelsregister eingetragen werden; ein Eintrag kann aber freiwillig erfolgen (Art. 552 § 19 PGR).
Rz. 259
Neben der Nachfolgeplanung ist die liechtensteinische Stiftung auch als Instrument i. R.d. Vermögensvorsorge und des Vermögensschutzes (Asset Protection) zu berücksichtigen. Die liechtensteinische Stiftung ist rechtsfähig (Art. 552 § 1 Abs. 1 PGR), sodass das gewidmete Vermögen grundsätzlich vom Stifter auf einen gesonderten Rechtsträger übergeht. Dieses haftet den Stiftungsgläubigern ausschließlich (Art. 552 § 37 Abs. 1 PGR). Der Stiftungsrat darf jedoch keine Zuwendungen an Destinatäre vornehmen, wenn dadurch Ansprüche von Stiftungsgläubigern unterlaufen würden (Art. 552 § 37 Abs. 2 PGR). Umgekehrt haftet nach allgemeinen Grundsätzen den Gläubigern des Stifters nur dessen eigenes Vermögen, nicht das Stiftungsvermögen. Das liechtensteinische Anfechtungsrecht ist wesentlich weniger streng als das deutsche und sieht die Schenkungsanfechtung, die auch für die Dotation einer Stiftung in Betracht kommt, nur vor, wenn die anzufechtende Rechtshandlung nicht länger als ein Jahr vor Beginn der Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger vorgenommen wurde (§ 74 Abs. 1 RSO). Zu beachten ist jedoch, dass das Stiftungsgeschäft als rechtsmissbräuchlich anfechtbar und ein Widerrufsrecht, das sich der Stifter gegenüber der Stiftung vorbehalten hat, pfändbar sein können (vgl. Schopper/Walch in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.10. 2020, Teil E § 62, Rn. 94).
Rz. 260
In diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung des BGH zur Pflichtteilsfestigkeit einer Vermögensübertragung auf eine liechtensteinische Stiftung zu beachten (BGH vom 03.12.2014 – IV ZB 9/14, NJW 2015, 623). Vermögensübertragungen können dem Pflichtteil oder der Pflichtteilsergänzung unterliegen, soweit der Stifter oder die Destinatäre die Stiftung in den wesentlichen Punkten der Geschäftsführung beherrschen. Im konkreten Fall hatte sich der Stifter vorbehalten, die Destinatärsstellung zu ändern.