Dr. Stefan Königer, Dennis Helwig
Rz. 39
Die Vorschriften des ErbStG beruhen auf der Terminologie des deutschen Rechts. Die Normen des Erbschaftsteuergesetzes verweisen überdies in vielen Fällen auf die des BGB. Die Rechtsprechung bejaht die Steuerbarkeit ausländischer Vorgänge, die sich als unentgeltliche Bereicherung oder Rechtsnachfolge von Todes wegen darstellen (z. B. BFH vom 19.10.1956, BStBl III 1956, 363).
Rz. 40
Fällt ein ausländischer Vorgang unter das deutsche ErbStG, ist das zugrunde liegende Rechtsinstitut für deutsche Steuerzwecke zu qualifizieren. Zu diesem Zweck ist zunächst das ausländische Rechtsinstitut mit den Rechtsinstituten des deutschen Rechts zu vergleichen. Ist ein vergleichbares deutsches Rechtsinstitut gegeben, wird das ausländische Rechtsinstitut unter die Vorschrift des Erbschaftsteuergesetzes subsumiert, unter die auch das deutsche Rechtsinstitut fällt.
Rz. 41
Existiert kein vergleichbares deutsches Rechtsinstitut, wie z. B. im Fall eines Trusts, ist eine Anpassung des ausländischen Rechtsinstituts an das deutsche Recht vorzunehmen. Im Rahmen der Anpassung wird dasjenige deutsche Rechtsinstitut ermittelt, welches in seiner wirtschaftlichen Bedeutung dem ausländischen am nächsten kommt. Maßgeblich ist hierbei nicht die formale Gestaltung, sondern die wirtschaftliche Bedeutung des ausländischen Vorgangs (BFH vom 19.10.1956, BStBl III 1956, 363; vom 15.05.1964, BStBl III 1964, 408; vom 12.05.1970, BStBl II 1972, 462; vom 12.01.1973, BStBl II 1973, 440; vom 07.05.1986, BStBl II 1986, 615).
Rz. 42
Die Literatur (Crezelius, Erbschaft- und Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1998, 62) kritisiert, dass der BFH in seiner zweistufigen Objektqualifikation zu wenig auf den zivilrechtlichen Gehalt abstellt. Jülicher (in: T/G/J/G, § 2 ErbStG Rz. 93) stellt richtigerweise fest, dass dieser Unterschied sich jedoch i. d. R. nicht auswirken wird, da sich die wirtschaftliche Stellung aus der zivilrechtlichen ableitet. Es darf daher auch nicht – wie im Rechtstypenvergleich für die Ertragsteuer – völlige Vergleichbarkeit zwischen inländischem und ausländischem Rechtsinstitut gefordert werden.
Rz. 43
Können mehrere Rechtsinstitute des deutschen Rechts als vergleichbar angesehen werden, ist das Rechtsinstitut anzunehmen, das die mildeste Besteuerung im Inland auslöst.
Rz. 44
Aufgrund der Vielseitigkeit der Gestaltungsmöglichkeiten in der ausländischen Rechtsordnung ist eine Qualifikation oder Anpassung immer auf den konkreten Einzelfall durchzuführen. Eine allgemeine Aussage, wie ein ausländisches Rechtsinstitut zu qualifizieren ist, kann kaum getroffen werden