Rz. 6

Die Bewertung von Kapitalforderungen/-schulden ist nicht nur i. R.d. Erbschaft- und Schenkungsteuer, sondern auch für andere Steuerarten von Bedeutung (§ 1 Abs. 1 BewG), z. B.

  • Grunderwerbsteuer:

    Kaufpreisbestimmung bei unverzinslicher Ratenzahlung (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG).

  • Einkommensteuer:

    Bestimmung des Veräußerungspreises und der Zinserträge bei unverzinslicher Ratenzahlung für Zwecke der Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG) und der Einkünfte aus Kapitalvermögen beim Veräußerer.

  • Einkommensteuer:

    Abzinsung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen i. R.d. Bilanzierung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a Buchst. e Satz 1 EStG).

  • Umsatzsteuer:

    Bestimmung des Entgelts bei Verkauf eines zum Unternehmensvermögen gehörenden WG bei unverzinslicher Ratenzahlung.

 

Rz. 7

Kapitalforderungen sind zu untergliedern in solche, die durch Wertpapiere verbrieft sind (z. B. Anleihe), und solche, die nicht verbrieft sind (z. B. Mietforderung). Zur Bewertung der durch Wertpapiere verbrieften Forderungen s. § 11 BewG Rn. 5. Grds. sind Kapitalforderungen, die nicht in § 11 BewG genannt sind, und Kapitalschulden mit dem Nennwert anzusetzen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 HS 1 BewG). In bestimmten Fällen sind Abweichungen erforderlich, die in der nachfolgenden Tabelle dargestellt sind.

 

Rz. 8

 
Zum Besteuerungszeitpunkt ­entstanden und fällig Nennwert (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BewG)
Zum Besteuerungszeitpunkt entstanden, aber noch nicht fällig und ­normal verzinslich (3 % bis 9 %) Nennwert zzgl. bereits entstandener Zinsen. Nach dem Besteuerungszeitpunkt anfallende Zinsen entstehen in der Person des Rechtsnachfolgers und sind im steuerpflichtigen Erwerb nicht zu erfassen.
Zum Besteuerungszeitpunkt entstanden, aber noch nicht fällig und niedrig/hoch verzinst (unter 3 %/über 9 %), sowie die Kündbarkeit nicht für mindestens vier Jahre ausgeschlossen (z. B. Sparbuch) Nennwert zzgl. bereits entstandener Zinsen
Zum Besteuerungszeitpunkt entstanden, aber noch nicht fällig und niedrig/hoch verzinst (unter 3 %/über 9 %) sowie die Kündbarkeit für mindestens vier Jahre ausgeschlossen (R B 12.1 Abs. 2 ErbStR) Gegenwartswert (Barwert, § 12 Abs. 1 Satz 2 BewG): Der Nennwert ist auf den Gegenwartswert zu kapitalisieren. Bei einer niedrig verzinslichen Kapitalforderung, die im Besteuerungszeitpunkt noch mindestens vier Jahre läuft, ist der Nennwert um den Kapitalwert des jährlichen Zinsverlustes zu kürzen (abzuzinsen). Bei einer hoch verzinslichen Kapitalforderung, die im Besteuerungszeitpunkt noch mindestens vier Jahre läuft, ist der Nennwert um den Kapitalwert des jährlichen Zinsgewinnes zu erhöhen (aufzuzinsen). Einzelheiten (Fälligkeits-/Tilgungsforderungen, Interpolation, Aufschubzeiten) sowie zahlreiche Berechnungsbeispiele dazu sind im sog. Kapitalisierungserlass vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810) enthalten.
Zum Besteuerungszeitpunkt entstanden, aber noch nicht fällig und ­unverzinslich, sowie Laufzeit im Besteuerungszeitpunkt nicht mehr als ein Jahr Nennwert: Auf eine Abzinsung auf den Gegenwartswert wird aufgrund des geringen Zinsverlusts verzichtet.
Zum Besteuerungszeitpunkt entstanden, aber noch nicht fällig und ­unverzinslich, sowie Laufzeit im ­Besteuerungszeitpunkt mehr als ein Jahr

Gegenwartswert (Barwert, § 12 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 BewG): Der Nennwert ist auf den Gegenwartswert zu kapitalisieren (abzuzinsen). Je länger die Laufzeit der Kapitalforderung, umso mehr weicht der Gegenwartswert vom Nennwert ab.

Unverzinsliche Kapitalforderungen verlieren durch ihre Laufzeit wirtschaftlich an Wert (auch durch Inflation), sodass eine Abzinsung gerechtfertigt erscheint.
Einzelheiten (Fälligkeits-/Tilgungsforderungen, Interpolation, Aufschubzeiten) sind im sog. Kapitalisierungserlass vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810) enthalten.

Wird bei einem geltend gemachten Pflichtteilsanspruch vereinbart, dass er zinslos in Raten zu zahlen ist oder in einem Betrag zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig wird, so wird u. E. der Nennwert zum Ansatz kommen, da § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. ErbStG und auch § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG auf den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch abstellt und dabei die Zahlungsmodalitäten außer Acht lässt. Der Zinsvorteil ist dann eine (Zins-)Schenkung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG des Pflichtteilsberechtigten an den Pflichtteilsauszahlenden und ist nach den §§ 13, 14 BewG zu kapitalisieren. Vererbt der Pflichtteilsberechtigte seine unverzinsliche (Rest-)Forderung weiter, ist diese ggf. nach § 12 Abs. 3 BewG zu bewerten; entsprechend gilt dies beim Pflichtteilsauszahlenden.
Zweifelhafte Kapitalforderungen Ist zweifelhaft, ob oder inwieweit eine Kapitalforderung durchsetzbar ist, kann sie dem Grad der Zweifelhaftigkeit entsprechend mit einem niedrigeren Schätzwert anzusetzen sein. Das gilt insb. beim Ansatz verjährter Kapitalforderungen. Schwierigkeiten in der Beurteilung der Rechtslage sind kein besonderer Umstand, der einen Abschlag rechtfertigt (R B 12.1 Abs. 3 ErbStR).
Uneinbringliche Kapitalforderungen Kein Ansatz (§ 12 Ab...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?