Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 37
Auch Adoptivkinder (§§ 1741 ff. BGB) sind Kinder der sie adoptierenden Eltern und gehören zu den Erwerbern der Steuerklasse I Nr. 2.
Das Adoptionsrecht wurde durch das Adoptionsgesetz vom 02.07.1976 (BGBl I 1976, 1749) ab 01.01.1977 neu gefasst. Ziel der Neuregelung des Adoptionsrechts war es u. a., in weiteren Gesetzen alle entbehrlichen Unterscheidungen zwischen leiblichen und adoptierten Kindern zu beseitigen. Das ErbStG unterscheidet deshalb nicht zwischen Adoptionen, die vor und nach dem 01.01.1977 vorgenommen worden sind. Erbschaftsteuerlich ist auch unerheblich, ob ein Minderjähriger oder Volljähriger adoptiert worden ist.
Rz. 38
Die Wirkung der Adoption ist deshalb für das Erbschaftsteuerrecht von Bedeutung, weil durch die Annahme als Kind neue Verwandtschaftsverhältnisse geschaffen werden und frühere erlöschen. Da die minderjährigen und volljährigen Kinder die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangen (§ 1754 BGB), unterfallen sie dem allgemeinen Begriff des Kindes und sind in der Steuerklasse I Nr. 2 nicht besonders genannt. Der Gesetzgeber hielt es zudem – abweichend vom Zivilrecht – für geboten, zwischen dem adoptierten Kind und seinen leiblichen Eltern und früheren Verwandten weiter eine besondere Beziehung anzunehmen (§ 15 Abs. 1a ErbStG; s. Rn. 56 ff.).
Rz. 39
Zivilrechtlich ist zwischen der Annahme Minderjähriger und der Annahme Volljähriger zu unterscheiden. Mit dem Adoptionsgesetz 1976 wurde für die Annahme eines Minderjährigen die sog. Volladoption eingeführt. Das Kind erhält mit dem Ausspruch der Annahme des Vormundschaftsgerichts die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes, wenn ein Ehepaar ein Kind annimmt oder ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten annimmt; in anderen Fällen erhält es die die Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden.
Rz. 40
Als erste Folge der Adoption werden das Kind und seine Abkömmlinge mit den Mitgliedern der neuen Familie verwandt. Weitere Folge der Adoption ist das Erlöschen der bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse des Kindes und seiner Abkömmlinge. Erbrechtlich bedeutend ist hier, dass Erbersatz- und Pflichtteilsansprüche nur noch zu den neuen Familienmitgliedern bestehen. Bis zur Annahme entstandene Ansprüche des Kindes auf Renten, Waisengeld und andere wiederkehrende Leistungen erlöschen allerdings nicht.
Rz. 41
Ebenso wie Minderjährige können auch Erwachsene (Volljährige) als Kinder adoptiert werden. Eine Volladoption ist allerdings nur als Ausnahme unter einschränkenden Voraussetzungen möglich. Auch der Volljährige wird durch die Adoption ein eheliches Kind der Annehmenden und gehört ihnen gegenüber zu Steuerklasse I Nr. 2. Die Kinder des Angenommenen werden Enkelkinder des Annehmenden. Allerdings führt die Adoption – abgesehen von den Fällen der Volladoption – nicht zu einer Verwandtschaft zwischen dem Angenommenen und den Verwandten des Annehmenden.
Rz. 42
Die weitere Einteilung in eine Steuerklasse hängt von den neuen verwandtschaftlichen Beziehungen ab, die durch die Adoption als Kind entstanden sind. So zählt z. B. ein Erwerb von den Eltern der Adoptiveltern zu Steuerklasse I Nr. 3 oder von den Geschwistern der Adoptiveltern zu Steuerklasse II Nr. 3.
Rz. 43
Weitere erbschaftsteuerliche Vorteile einer Adoption liegen insbesondere in der Gewährung eines höheren persönlichen Freibetrags (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) oder eines höheren sachlichen Freibetrags i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und des günstigeren Steuersatzes (§ 19 Abs. 1 ErbStG). Auch die Verschonung des Familienheims ist in Betracht zu ziehen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG).
Rz. 44–45
vorläufig frei