Einziger Verwandter des S ist sein Neffe N. Von N nimmt "Global Player" S bei seinen Inlandsaufenthalten kaum Notiz. Nachdem er von seinem Rechtsanwalt aufgeklärt wird, dass N – ohne testamentarische Verfügung des S – sein ganzes Vermögen erbt (als Angehöriger der zweiten Ordnung), entschließt sich S, seine Freundin F zur Alleinerbin einzusetzen. Dabei steckt er die Durchschrift (Blaupause) eines zehnseitigen handschriftlichen, aber nicht unterschriebenen Testaments in einen Briefumschlag und versieht diesen mit: "S". Gleichzeitig notiert er den Tag der Testamentserrichtung auf dem Umschlag. Die vorletzte Seite des Testaments, in dem das ganze Vermögen aufgelistet ist, wurde allerdings mittels PC-Ausdruck erstellt.
Alternative:
S unterschrieb sein Testament mit "Global S". Den Briefumschlag hat er beim Rechtsanwalt hinterlegt. Wer (N, F oder der Staat) darf sich freuen, Alleinerbe zu sein?
Lösung:
Der Staat ("Fiskus") kommt als Noterbe gem. § 1936 BGB nur in Betracht, wenn sich kein gesetzlicher oder testamentarischer Erbberechtigter findet. N ist gem. § 1925 BGB (als Abkömmling der verstorbenen Eltern des S und bei vorverstorbenen Geschwistern des S) einziger gesetzlicher Erbe des S. Gem. § 1937 BGB geht die gewillkürte Erbfolge der gesetzlichen Erbfolge vor, wenn ein wirksames Testament errichtet ist. Allerdings bestehen in mehrfacher Hinsicht Zweifel an der Formwirksamkeit (s. § 2247 BGB) des Testaments von S:
Der PC-Ausdruck ist nicht eigenhändig (s. § 2247 Abs. 1 BGB) geschrieben. Ohne den Hinweis im Testament und losgelöst von den sonstigen testamentarischen Ausführungen ist die Form nicht eingehalten. Danach liegt grundsätzlich kein formgültiges Testament vor (Folge: gesetzliches Erbrecht). Dennoch gilt das Formerfordernis als gewahrt, wenn im – ansonsten handschriftlichen – Testament auf diesen Anhang (wie im vorliegenden Fall) Bezug genommen wird.
Auch die bloße Durchschrift genügt dem handschriftlichen Kriterium, da es bei dieser Bestimmung nach teleologischer Auslegung um die eindeutige Zuordnung des Schriftstückes zur Person des Testators geht. Dies ist auch bei einer Blaupause möglich.
Obwohl hier der Text nicht – wie vom Gesetz vorgesehen – am Ende des Schriftstückes unterschrieben wurde, lässt es die Rspr. genügen, wenn der geäußerte komplette testamentarische Wille auf einem verschlossenen Umschlag abschließend von der Unterschrift des Erblassers gedeckt ist (sog. Selbstbenennung).
Die Unterschrift mit der Abkürzung ("S") ist dann problematisch, wenn sich damit die Urheberschaft des Unterzeichnenden nicht feststellen lässt. Während dies im Ausgangssachverhalt offen ist, wird man bei der Alternative zu dem Schluss kommen, dass der verwendete Kosename ("Global S") keine Zweifel an der Identität des EL aufkommen lässt.
Die Angabe von Zeit und Ort der Testamentserrichtung ist lediglich eine Soll-Vorschrift (s. § 2247 Abs. 2 und 5 BGB) und beeinträchtigt nicht die Gültigkeit testamentarischer Verfügungen.
Fazit: Im Ausgangssachverhalt ("S auf dem Briefumschlag") kommen zwei Grenzfälle (Kuverttestament und Kürzel-Unterschrift) zusammen, die im Ergebnis das Testament wohl als nichtig erscheinen lassen (Folge: N ist Erbe geworden). In der Abwandlung des Beispiels hat man hingegen von einem formgültigen Testament und damit der F als Alleinerbin auszugehen.