Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Rz. 56
Gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden, begünstigungsfähig, wenn die Kapitalgesellschaft zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ihren Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem EU-/EWR Mitgliedstaat hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 Prozent beteiligt war (Mindestbeteiligung, so auch R E 13b.6 Abs. 1 S. 1 ErbStR). Zur Ermittlung der Mindestbeteiligung ist auf den Anteil am Nennkapital abzustellen. Begünstigungsfähige Anteile an Kapitalgesellschaften stellen insbesondere Geschäftsanteile an GmbHs, Aktien (wozu auch stimmrechtslose Vorzugsaktien, Mehrstimmrechtsaktien und Zwischenscheine zählen) und Kommanditaktien einer KGaA dar (vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 43). Soweit die Gesellschaft eigene Anteile hält, mindern sie das Nennkapital und erhöhen damit die Beteiligungsquote des Gesellschafters (R E 13b.6 Abs. 2 S. 1 und 2 ErbStR).
Das Stammkapital der Autohaus GmbH beträgt 50.000 EUR, wovon die GmbH selbst 1/5 (= 10.000 EUR) hält. A hat einen GmbH-Geschäftsanteil von 12.000 EUR, den er übertragen will.
Lösung:
Nach R E 13b.6 Abs. 2 S. 2 ErbStR ist von 40.000 EUR maßgeblichem Nennkapital auszugehen. Der Anteil von A ist steuerprivilegiert (12.000 EUR / 40.000 EUR = > 25 %).
Rz. 57
Das Merkmal der Mindestbeteiligung wird auf Seiten des Erblassers/Schenkers verlangt und nicht auf Seiten des Erwerbers, so dass auch die Übertragung von 1 % des Nennkapitals der Gesellschaft begünstigt ist, wenn der Erblasser/Schenker zum Zeitpunkt der Übertragung zu mehr als 25 % beteiligt war (vgl. Hannes/Holtz in M/H/H ErbStG § 13b Rz. 20). Bei dem Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften kommt es in Abgrenzung zu § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG nicht darauf an, dass eine unternehmerische Einflussnahme vermittelt wird, was die Gestaltungsrisiken gegenüber der Übertragung von Mitunternehmeranteilen erheblich reduziert (vgl. Hannes/Holtz in M/H/H ErbStG § 13b Rz. 21). Der Verschonung steht somit auch nicht im Wege, dass sich der Übertragende ein Recht an dem Geschäftsanteil vorbehält, was insbesondere für einen Vorbehaltsnießbrauch an einem GmbH-Anteil gilt (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 39). Sofern im Schrifttum von einer Mindestbeteiligungsquote von 25,1 % (Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 60) oder 25,01 % (Jülicher in T/G/J/G, ErbStG § 13b Rn. 213, 221, 307 und 323) gesprochen wird, ist dem nicht zu folgen. Ausreichend ist nach dem Wortlaut der Norm das Überschreiten der 25 % Quote (Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 41.1).
Bei einem Nennkapital von 1 Mio. EUR ist bereits ein Anteil von 250.001 EUR ausreichend, der einer Beteiligung von 25,0001 % entspricht. Bei einem Nennkapital von 25.000 EUR ist hingegen ein Anteil von 6.251 EUR ausreichend, was einer Beteiligung von 25,004 % entspricht (vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 41.1).
Rz. 58
Bei § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG kommt es allein auf die zivilrechtliche Ausgestaltung an. Deshalb ist es unerheblich, mit welchen Stimmrechten die Anteile ausgestaltet sind. Folglich können auch begünstigungsfähige Anteile übertragen werden, wenn die Anteile des Erblassers/Schenkers nur ein geringeres Stimmrecht repräsentieren oder es sich sogar um stimmrechtslose Anteile handelt (vgl. Hannes/Holtz in M/H/H ErbStG § 13b Rz. 22). Ob stimmrechtslose Anteile in eine Poolvereinbarung einzubeziehen sind, ist hingegen umstritten (vgl. dazu Rz. 80). Ferner sind einbringungsgeborene und sperrfristbehaftete Anteile i. S. d. §§ 20 ff. UmwStG wie alle anderen Anteile an Kapitalgesellschaften zu behandeln, wenn die Mindestbeteiligungsquote erreicht wird. Auch ein Geschäftsanteil einer Vor-GmbH ist begünstigungsfähig, da diese bereits einen körperschaftlichen Charakter aufweist (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 39; vgl. a. R E 13b.6 Abs. 1 S. 3 ErbStR).
Rz. 59
Wird hingegen nur ein auf Grund einer Kapitalerhöhung entstandenes Bezugsrecht übertragen, handelt es sich nicht um einen begünstigungsfähigen Anteil an einer Kapitalgesellschaft (vgl. R E 13b.6 Abs. 1 S. 4 ErbStR), da dabei nämlich nur ein Anrecht auf den Erwerb eines Anteils vorliegt (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 39). Wird aufgrund des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Kapitalgesellschaft sein Geschäftsanteil eingezogen und der Gesellschafter unter dem gemeinen Wert des Anteils abgefunden, ist der steuerbare Erwerb (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ErbStG) bei den verbleibenden Gesellschaftern nicht begünstigt, da bei der Einziehung der Anteil vernichtet wird (vgl. Hannes/Holtz in M/H/H ErbStG § 13b Rz. 25). Deshalb sollte in den Satzungen von Kapitalgesellschaften geregelt werden, dass ein ausscheidender Gesellschafter vorrangig zur Abtretung seines Anteils an die übrigen Gesellschafter im Verhältnis der Beteiligungsverhältnisse verpflichtet wird und hingegen die Einziehung des Anteils sowie eine abweichende Verteilung ausdrück...