Rz. 90
Bei sonstigen Gebrauchs- oder Nutzungsüberlassungen wird man in Anlehnung an Gebel (in T/G/J/G, § 7 Rn. 28; zustimmend Geck in K/E, § 7 Rn. 11.2; a. A. Weinmann in M/W, § 7 Rn. 17) danach zu unterscheiden haben, ob die Gebrauchs- oder Nutzungsüberlassung zu einer Entreicherung des Überlassenden führt. So wird bei einer kurzfristigen Wohnungsüberlassung oder Mitbenutzungsmöglichkeit nur dann eine freigebige Zuwendung anzunehmen sein, wenn zum einen der Vermögensgegenstand nach der Verkehrsauffassung typischerweise nur entgeltlich überlassen wird und daher der Verzicht auf derartige Einnahmen zu einer Entreicherung des Überlassenden führt, zum anderen ist aber auch der subjektive Verwendungszweck des Überlassenden in Betracht zu ziehen. Hatte dieser überhaupt nicht die Absicht, den überlassenen Gegenstand, z. B. eine Wohnung, zu vermieten, sondern sie leer stehen zu lassen, so liegt auch in der Nutzungsüberlassung an einen Dritten keine freigebige Zuwendung, da es an der Entreicherung des Überlassenden fehlt.
Rz. 91
Ähnlich ist bei unentgeltlich erbrachten Arbeits- und Dienstleistungen zu entscheiden. Auch hier ist nach der Verkehrsüblichkeit und dem subjektiven Verwendungsplan zu entscheiden. Zu beachten ist allerdings, dass nach § 612 Abs. 1 BGB für Dienstleistungen, die den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, eine solche als stillschweigend vereinbart gilt (vgl. auch BFH vom 30.08.2017, DStR 2017, 2606). In Betracht kommen daher solche Fälle insbesondere zwischen nahen Angehörigen (§ 685 Abs. 2 BGB), wobei hierbei allerdings noch weitere Indizien für die subjektive Verwendungsabsicht (unentgeltliche Erbringung der Arbeits-/Dienstleistung) erforderlich sind. Gleiches gilt für unentgeltliche Arbeitnehmerüberlassung (BFH vom 30.08.2017 rkr., BStBl II 2019, 38).
Rz. 92
Anders wird allerdings zu entscheiden sein, wenn dingliche Nutzungsrechte, beispielsweise ein Nießbrauch oder ein Wohnrecht unentgeltlich eingeräumt werden. Da hiermit dem Überlassenden die Nutzung dauerhaft und verfestigt entzogen wird, ist hier auch eine Entreicherung des Überlassenden gegeben (s. Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 29; Griesel in D/H/R § 7 Rn. 18; vgl. auch Ivens, ZEV 2012, 71). Einen Sonderfall betraf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 18.04.2002 (DStRE 2002, 1078), wonach die Einräumung eines dinglich gesicherten Mitbenutzungsrechts eines Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft an der gemeinsam geführten Wohnung keine freigebige Zuwendung darstellt, wenn das Mitbenutzungsrecht mit Auflösung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft erlischt.
Rz. 93
Gleiches gilt für den Verzicht auf ein dingliches Nutzungsrecht. Typischer Fall ist hier der spätere Verzicht auf den i. R.d. vorweggenommenen Erbfolge vorbehaltenen Nießbrauch (BFH vom 15.12.2010, BStBl II 2011, 363; Niedersächsisches FG vom 19.02.2010, DStRE 2011, 89; BFH vom 20.05.2014, DStR 2014, 1919). Die Einwilligung zur Löschung des Nutzungsrechts löst sodann die Zuwendung aus. Auch die Einräumung eines zinslosen Erbbaurechts stellt eine freigebige Zuwendung dar (H E 7.1 ErbStH; Gebel, BB 2002, 2365; Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 61). Die Bemessungsgrundlage ergibt sich aus dem für das eingeräumte Erbbaurecht nach §§ 199ff. BewG festzustellenden Grundstückswert (FinMin Baden-Württemberg vom 06.12.1999, DStR 2000, 247; vgl. auch BFH vom 11.01.2002, BFH/NV 2002, 790). Einzelheiten s. § 12 Rn. 420 ff. Wird das Erbbaurecht gegen einen zu niedrigen Erbbauzins eingeräumt, liegt eine gemischt-freigebige Zuwendung vor. Einzelheiten zur gemischt-freigebigen Zuwendung s. Rn. 312 ff.
Rz. 94–96
vorläufig frei