Rz. 397
Ebenso wie bei gemischt-freigebigen Zuwendungen hat sich die Rechtslage zu Zuwendungen unter Auflagen durch das ErbStRG grundlegend geändert. Nachdem seither die steuerlichen Werte an die Verkehrswerte angeglichen sind und zudem § 25 ErbStG a. F. aufgehoben wurde, besteht zum einen keine Notwendigkeit mehr, die bisher erforderliche Verhältnisrechnung vorzunehmen, zum anderen bedarf es auch keiner Differenzierung mehr in Leistungs- und Nutzungs-/Duldungsauflagen. Die FinVerw lässt daher (gleichlautende Erlasse vom 20.05.2011, BStBl I 2011, 562; R E 7.4 ErbStR) nunmehr für Zuwendungen unter Auflage ab dem 01.01.2009 den vollständigen Abzug der Auflage – unbesehen, ob es sich um eine Nutzungs-/Duldungsauflage oder eine Leistungsauflage handelt – vom Wert des Zuwendungsgegenstandes zu. Eingeschränkt ist die Abzugsfähigkeit der Auflage insoweit, wie der Zuwendungsgegenstand gem. §§ 13–13d ErbStG steuerbefreit ist. Es wird allgemein erwartet, dass der BFH, der bislang noch keinen Fall zu freigebigen Zuwendungen gegen Auflage unter der Ägide des ErbStRG zu entscheiden hatte, sich der Verwaltungsauffassung ebenfalls anschließt (Pach-Hassenheimb, DStR 2009, 455; Schuck in V/S/W, § 7 Rn. 50; Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 204), insb. da er mit Urteil vom 05.07.2018 (BStBl II 2018, 660) diesen Weg für gemischt-freigebige Zuwendungen bereits eingeschlagen hat.
Rz. 398
Der Abzug einer Nutzungs- oder Duldungsauflage im Rahmen einer Grundstücksschenkung ist allerdings dann nicht möglich, wenn sich die Auflage bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Grundstücks bereits ausgewirkt hat. Die Einbeziehung einer Nutzungsauflage in den Grundbesitzwert eines Grundstücks ist dann möglich, wenn gem. § 198 BewG ein niedrigerer gemeiner Wert nachgewiesen wird, als er sich nach §§ 179, 182–196 BewG ergibt. Die für die Ermittlung des niedrigeren gemeinen Werts einschlägige Regelung des § 199 Abs. 1 BauGB ermöglicht in Verbindung mit der heranzuziehenden WertV und den hierzu ergänzenden Regelungen in den WertR 2006 und der Vergleichswert RL 2014, sämtliche wertbeeinflussende Umstände des gemeinen Werts zu berücksichtigen. Unter wertbeeinflussende Umstände fallen nicht nur öffentlich-rechtliche Belastungen, sondern auch privatrechtliche Belastungen wie bspw. persönliche Nutzungsrechte. Es besteht daher in diesen Fällen die Möglichkeit, ein privates Nutzungsrecht (z. B. Nießbrauch) unmittelbar bei der Ermittlung des gemeinen Werts gem. § 198 BewG mit einfließen zu lassen. In diesen Fällen ist ein späterer Abzug der Nutzungsauflage bei der Ermittlung der Schenkungsteuer nicht mehr zulässig (§ 10 Abs. 6 Satz 6 ErbStG). Dies ermöglicht Gestaltungsspielräume, insbesondere deshalb, weil beim Abzug der Nutzungsauflage von der Zuwendung der Jahreswert der Nutzungsauflage gem. § 16 BewG auf 1/18,6 des Werts des Zuwendungsgegenstands begrenzt ist. Die Vorschrift des § 16 BewG ist aber nicht i. R.d. Wertermittlung nach § 199 BauGB i. V. m. § 198 BewG zu berücksichtigen. Führt daher die Begrenzung des Jahreswerts der Nutzungsauflagen nach § 16 BewG zu einer Deckelung der Nutzungsauflage, so kann es günstiger sein, den gemeinen Wert des Grundstücks durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen und darin die Nutzungsauflage (ohne Begrenzung) unmittelbar zu berücksichtigen (vgl. auch Wachter, DB 2018, 2148).
Beispiel 1:
Vater V überträgt 2020 seinem Sohn S ein unbebautes Grundstück mit einem Verkehrs- und Grundbesitzwert von 1 Mio. EUR. Die Zuwendung erfolgt unter der Auflage, dass S seinem Bruder B eine Gleichstellungszahlung von 500.000 EUR leistet.
Lösung:
Die Gleichstellungszahlung des S an den B stellt eine Leistungsauflage dar. Die Bereicherung des S ermittelt sich wie folgt:
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1, nur handelt es sich um ein Mietwohngrundstück.
Lösung:
Die Gleichstellungszahlung des S an den B ist in dem Umfang vom Abzug ausgeschlossen, in dem das Mietwohngrundstück nach § 13d ErbStG steuerbefreit ist. Die Bereicherung des S ermittelt sich wie folgt:
Beispiel 3:
Mutter M überträgt 2015 ihrem Sohn S einen nach §§ 13a, 13b begünstigten GmbH-Anteil mit einem gemeinen Wert (= Verkehrswert) von 10.000.000 EUR. Die Zuwendung erfolgt unter der Auflage, dass S seiner Mutter ein Nießbrauchsrecht an den Erträgen mit einem Kapitalwert von 500.000 EUR (unter Berücksichtigung von § 16 BewG) einräumt. Ein Antrag nach § 13a Abs. 10 ErbStG wird nicht gestellt.
Lösung:
Das Nießbrauchsrecht stellt eine Nutzungsauflage dar. Diese ist in dem Umfang abzugsfähig, in dem der GmbH-Anteil nicht nach §§ 13a, 13b steuerbefreit ist. Die Bereicherung des S ermittelt sich wie folgt:
Beispiel 4:
Wie Beispiel 3, nur hat S zusätzlich seinem Bruder B eine Gleichstellungszahlung von 3.000.000 EUR zu leisten.
Lösung:
Das Nießbrauchsrecht stellt eine Nutzungsauflage dar, die Gleichstellungszahlung eine Leistungsauflage, so dass in der Terminologie des alten Rechts ein Mischfall vorliegt. Beide Auflagen sind nach R E 7.4 Abs. 1 und 2 ErbStR in dem Umfang bereicherungsmindernd zu berü...