Rz. 110
Anders als beim Vermächtnis erwirbt bei einer im Testament angeordneten Auflage der Begünstigte keinen Anspruch gegen den Erben (s. § 3 Rn. 448). Ist kein Testamentsvollstrecker eingesetzt und hat der Erblasser in seiner Verfügung von Todes wegen auch keine anderen Vollzugsberechtigten bestimmt, so sind grundsätzlich nur die Erben selbst vollzugsberechtigt, also gerade diejenigen, die mit der Auflage beschwert sind. Deshalb entsteht die Steuer bei Auflagen auch erst mit ihrer Vollziehung durch den oder die Erben. Das Gleiche gilt für den Erwerb auf Grund einer vom Erblasser gesetzten Bedingung. Hier ist der Druck auf den Beschwerten zur Erfüllung der Bedingung zwar stärker, da er seinerseits seinen Erwerb nur bei Erfüllung der Bedingung erhält, jedoch besteht auch hier für den durch die Bedingung Begünstigten kein Forderungsrecht.
Rz. 111
Die Rechtsprechung legt den Begriff der Vollziehung ähnlich aus wie den der Ausführung bei der Schenkung (s. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Erforderlich soll sein, dass es zu einer rechtswirksamen Vermögensverschiebung gekommen ist (s. Gottschalk in T/G/J/G, § 9 Rn. 60). Macht der Erblasser dem Erben zur Auflage, eine monatliche Zahlung an eine begünstigte Person zu zahlen, so kommt es darauf an, ob der Erbe dem Auflagenbegünstigten ein Rentenrecht einräumt. Dies ist gem. § 762 BGB nur durch ein schriftliches Versprechen des Erben möglich. In diesem Fall muss der Auflagenbegünstigte das Rentenrecht zum Zeitpunkt der Einräumung des Rentenrechts versteuern. Wird kein Rentenrecht eingeräumt, sondern zahlt der Erbe einfach monatlich, so entsteht die Steuer erst mit jeder einzelnen Zahlung. Dies ist zwar unpraktikabel, aber eine sofortige Besteuerung des Rentenrechts würde unabhängig von § 23 ErbStG gegen das Bereicherungsprinzip verstoßen, da der Auflagenbegünstigte keine Forderung gegen den Erben hat, wenn dieser seine Zahlungen einstellen sollte.
Rz. 112
Sind nicht eine oder mehrere bestimmte Personen begünstigt, sondern ein abstrakter Zweck, oder eine unbestimmte Personengruppe, so handelt es sich um eine Zweckzuwendung und die Steuer entsteht bereits mit dem Eintritt der Verpflichtung (s. Rn. 190).