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Grds. haftet jeder Miterbe nur für seine eigene Erbschaftsteuer, d. h. die Miterben haften grds. nicht für die jeweilige Erbschaftsteuer der anderen Miterben. Sie sind untereinander keine Gesamtschuldner. Daher wird durch § 20 Abs. 3 ErbStG eine besondere Sachhaftung des – noch ungeteilten – Nachlasses begründet. Der Nachlass darf nur so lange für die Haftung der Steuerschuld in Anspruch genommen werden, wie er noch ungeteilt ist (s. Geck in K/E, § 20 Rn. 15). Die Auseinandersetzung des Nachlasses i. S. d. § 2042 BGB liegt erst vor, wenn der letzte Nachlassgegenstand in das Vermögen eines beteiligten Rechtsträgers übertragen wurde (Weidmann, ZEV 2014, 404, 407). Es handelt sich um eine Sachhaftung des ungeteilten Nachlasses, welche es dem FA ermöglicht, in den ungeteilten Nachlass zu vollstrecken oder den Steueranspruch durch einen entsprechenden Arrest zu sichern (s. Richter/Fischer in V/S/W, § 20 Rn. 19). Der Nachlass haftet für die Steuer aller am Erbfall Beteiligten – also auch der Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigten usw. (s. Richter/Fischer in V/S/W, § 20 Rn. 20; Gebel, in T/G/J/G § 20 Rn 52; Weidmann, ZEV 2014, 404, 407; a. A. Hannes/Holtz in M/H/H, § 20 Rn. 20, Ruby/Schindler, ZEV 2016, 26, 28 und Bruschke, StB 2016, 342 (347), der dies auf die eigentlichen Erben beschränken will und dafür auf die Probleme in Nachversteuerungstatbeständen bei den Vermächtnisnehmern verweist). Bei der Inanspruchnahme des Nachlasses nach § 20 Abs. 3 ErbStG besteht nach BFH vom 04.06.2019, DStR 2019, 2081, ein (Entschließungs-)Ermessen, so dass grds. keine Verpflichtung zu einer vorrangigen Inanspruchnahme besteht, d. h. es steht sowohl der ungeteilte Nachlass als auch der einzelne Erwerber für die Inanspruchnahme durch das FA zur Verfügung.
Da jeder Erbe nach § 2042 Abs. 1 BGB jederzeit die Auseinandersetzung des Nachlasses verlangen kann, ist die Dauer der Nachlasshaftung nach § 20 Abs. 3 ErbStG bis zu diesem Zeitpunkt begrenzt. Nach erfolgter Auseinandersetzung ist jeder Erwerber alleiniger Verfügungsberechtigter hinsichtlich seines Erwerbs und haftet nur für die Steuern, die in Höhe seines Erwerbs entstehen (s. Rn. 8 f.). Eine Insolvenzforderung in Form der geschuldeten Erbschaftsteuer ist nach Auseinandersetzung des Nachlasses nicht mehr gegen den Nachlass geltend zu machen. § 20 Abs. 3 ErbStG stellt lediglich eine Sicherungsmaßnahme für den Fiskus dar und der ungeteilte Nachlass haftet für die Erbschaftsteuer aller am Erbfall Beteiligten (vgl. Crezelius, NZI 2016, 440). Bei einem nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingetretenen Erbfall, der Erbschaftsteuer auslöst, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO, die als solche gegen den Insolvenzverwalter festzusetzen ist (BFH vom 05.04.2017, DStR 2017, 1703). Die Vorinstanz hat dies jedenfalls verneint (vgl. FG Düsseldorf vom 18.03.2015, BeckRS 2015, 94834). Auch nach BFH vom 20.01.2016 (NZI 2016, 411) ist die vom Erben als Gesamtrechtsnachfolger aufgrund des Erbanfalles nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 1922 BGB geschuldete Erbschaftsteuer eine Nachlassverbindlichkeit, die vom FA als Nachlassinsolvenzantrag im Nachlassinsolvenzverfahren geltend gemacht werden kann.
Bei einer Teilauseinandersetzung beschränkt sich die Haftung auf den insoweit noch nicht auseinandergesetzten Teil des Nachlasses. Die Haftung des Nachlasses nach § 20 Abs. 3 ErbStG besteht neben der Steuerschuldnerschaft der einzelnen Erwerber nach § 20 Abs. 1 und 2 ErbStG.