Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 13
Das BewG regelt in § 193 BewG die Bewertung des Erbbaurechts und in § 194 BewG die Bewertung des Erbbaugrundstücks (belastetes Grundstück). Diese Vorschriften sollen eine objektive Ermittlung des Grundbesitzwerts nach einheitlichen und marktgerechten Grundsätzen und Verfahren sicherstellen.
3.2.1 Vergleichswertverfahren
Rz. 14
Das Erbbaurecht ist vorrangig im Wege des Vergleichswertverfahrens nach § 183 BewG zu bewerten (§ 193 Abs. 1 BewG), wenn Vergleichspreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren für entsprechende Vergleichsgrundstücke vorliegen. Vergleichspreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren liegen vor, wenn sie aus bebauten Erbbaurechten abgeleitet wurden, die mit der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit hinreichend übereinstimmen. Dies ist der Fall, wenn die Grundstücksart übereinstimmt und die Bebauung, der Erbbauzinssatz, der Bodenrichtwert sowie die Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht erheblich abweichen.
Diese Voraussetzungen werden in der Praxis oft nicht erfüllt sein, sodass das Vergleichswertverfahren selten Anwendung finden wird.
3.2.2 Finanzmathematische Methode
3.2.2.1 Allgemeines
Rz. 15
Da das Vergleichswertverfahren zwar vorrangig zu prüfen ist, aber praktisch nur selten zum Tragen kommt, ist der Grundbesitzwert eines Erbbaurechts nach § 193 Abs. 2 bis 5 BewG durch eine typisierende Wertermittlung zu berechnen. Die dort fixierte finanzmathematische Methode stellt ein Bewertungsmodell dar, dem die Überlegung zugrunde liegt, dass sich der Wert des Erbbaurechts aus einem Bodenwertanteil und einem Gebäudewertanteil zusammensetzt. Zur Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt wäre ein Marktanpassungsfaktor für das Erbbaurecht anzuwenden, auf den aber aus Vereinfachungsgründen verzichtet wird.
Rz. 16
Nach § 193 Abs. 2 BewG ist der Wert des Erbbaurechts aus der Summe von Bodenwertanteil (Baustein 1) und Gebäudewertanteil (Baustein 2) zu ermitteln.
3.2.2.2 Bodenwertanteil
Rz. 17
Der Bodenwertanteil ergibt sich aus der Differenz zwischen dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts und dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins (§ 193 Abs. 3 Satz 1 BewG). Der Bodenwertanteil des Erbbaurechts entspricht dem wirtschaftlichen Vorteil, den der Erbbauberechtigte dadurch erlangt, dass er in vielen Fällen entsprechend den Regelungen des Erbbauvertrags über die Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht den vollen Bodenwertverzinsungsbetrag leisten muss.
Rz. 18
Der angemessene Verzinsungsbetrag des Bodenwerts (eines unbelasteten Grundstücks) ergibt sich vorrangig durch Anwendung des vom Gutachterausschuss ermittelten (örtlichen) Liegenschaftszinssatzes auf den Bodenwert nach § 179 BewG (§ 193 Abs. 4 Satz 1 BewG). Liegenschaftszinssatz ist der Zinssatz, mit dem der Verkehrswert von Grundstücken im Durchschnitt marktüblich verzinst (vermietet, verpachtet) wird (§ 188 Abs. 1 BewG). Werden jedoch von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Liegenschaftszinssätze zur Verfügung gestellt, gelten nach § 193 Abs. 4 Satz 2 BewG (typisierend) die folgenden Zinssätze:
Ein- oder Zweifamilienhäuser und Wohnungseigentum, das wie ein Ein- oder Zweifamilienhaus gestaltet ist |
3,0 % |
Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum, das nicht wie ein Ein- oder Zweifamilienhaus gestaltet ist |
5,0 % |
Gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 %, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche, sowie sonstige bebaute Grundstücke |
5,5 % |
Gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 %, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche |
6,0 % |
Geschäftsgrundstücke und Teileigentum |
6,5 % |
Ist das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück unbebaut und liegen keine Angaben zur Nachfolgenutzung vor, bestehen nach Auffassung der FinVerw (R B 193 Abs. 6 Satz 5 ErbStR) keine Bedenken, wie folgt zu verfahren:
- Mangels tatsächlichen Vorhandenseins eines Gebäudes kann zunächst auf die geplante Nutzung seitens des Erbbauverpflichteten bzw. -berechtigten abgestellt werden (vgl. Erbbaurechtsvertrag).
- Bestehen noch keine konkreten Nutzungspläne, kann von der vorgesehenen Bebauung und Nutzung laut Bauleitplan (Bebauungsplan/Flächennutzungsplan) auf die Grundstücksart geschlossen werden.
Rz. 19
Der maßgebende Erbbauzins i. S. d. § 193 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BewG ist der am Bewertungsstichtag zu zahlende Erbbauzins, umgerechnet auf einen Jahresbetrag. Dabei ist stets auf die vertraglichen Vereinbarungen abzustellen; auf den tatsächlich gezahlten Erbbauzins kommt es nicht an.
Sind Erbbauzinsen während der Laufzeit des Erbbaurechts in unterschiedlicher Höhe vereinbart (z. B. bei Sonderzahlungen oder gestaffeltem Erbbauzins), kann aus Vereinfachungsgründen ein durchschnittlicher Jahresbetrag aus den insgesamt nach dem Bewertungsstichtag zu leistenden Erbbauzinsen in Abhängigkeit von der Restlaufzeit gebildet werden (vgl. dazu das Beispiel in H B 193 Abs. 5 "Gestaffelter Erbbauzins" ErbStH).
Die künftigen Anpassungen aufgrund von Wertsicherungsklauseln (z. B. Anknüpfung der Erbbauzinsen an den Lebenshaltungskostenindex) sind nicht zu berücksichtigen.
Ist kein Erbbauzins zu zahle...