Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 37
Während § 193 BewG die Bewertung des Erbbaurechts regelt, wird in § 194 BewG die Bewertung des Erbbaugrundstücks (belastetes Grundstück) dargestellt. Diese Vorschriften sollen eine objektive Ermittlung des Grundbesitzwerts nach einheitlichen und marktgerechten Grundsätzen und Verfahren sicherstellen.
3.3.1 Vergleichswertverfahren
Rz. 38
Das Erbbaugrundstück ist vorrangig im Wege des Vergleichswertverfahrens nach § 183 BewG zu bewerten (§ 194 Abs. 1 BewG). Dies kommt jedoch nur in Betracht, wenn den Gutachterausschüssen Kaufpreise für entsprechende Vergleichsgrundstücke oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren vorliegen. Diese liegen dann vor, wenn sie für Grundstücke ermittelt wurden, die nach der Grundstücksart übereinstimmen und hinsichtlich der Bebauung, der Erbbauzinssätze, der Bodenrichtwerte sowie der Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht erheblich abweichen. Ggf. kann der Wert des Erbbaugrundstücks durch Anwendung eines Vergleichsfaktors auf den Bodenwert des unbelasteten Grundstücks (§ 179 BewG) ermittelt werden.
In der Praxis werden nur wenige Ausnahmefällen diese Voraussetzungen erfüllen, sodass die Anwendung des Vergleichswertverfahrens nur selten in Betracht kommen wird.
3.3.2 Finanzmathematische Methode
3.3.2.1 Allgemeines
Rz. 39
Da das Vergleichswertverfahren zwar vorrangig zu prüfen ist, aber praktisch nur selten zum Tragen kommt, ist der Grundbesitzwert eines Erbbaugrundstücks nach § 194 Abs. 2 bis 4 BewG durch ein typisierendes Berechnungsschema zu ermitteln. Die dort fixierte finanzmathematische Methode stellt ein Bewertungsmodell dar, dem die Überlegung zugrunde liegt, dass sich der Wert des Erbbaugrundstücks aus einem Bodenwertanteil und einem sich im Ausnahmefall möglicherweise ergebenden Gebäudewertanteil zusammensetzt.
3.3.2.2 Bodenwertanteil
Rz. 40
Nach § 194 Abs. 2 Satz 1 BewG entspricht der Wert des Erbbaugrundstücks grds. dem Bodenwertanteil, der nach § 194 Abs. 3 BewG zu ermitteln ist. Er ergibt sich aus der Summe des über die Restlaufzeit (in vollen Jahren) des Erbbaurechts abgezinsten Bodenwerts nach § 179 BewG und den über diesen Zeitraum kapitalisierten Erbbauzinsen (§ 194 Abs. 3 Satz 1 BewG).
Rz. 41
Der Abzinsungsfaktor für den Bodenwert ist der Anlage 26 zum BewG zu entnehmen (§ 194 Abs. 3 Satz 2 BewG); dabei werden die Restlaufzeit des Erbbaurechts und die (typisierenden) Liegenschaftszinssätze i. S. d. § 193 Abs. 4 BewG zugrunde gelegt. Beträgt die Restlaufzeit des Erbbaurechts weniger als ein Jahr, ist der Abzinsungsfaktor mit 1 anzusetzen (R B 194 Abs. 3 Satz 6 ErbStR). In den Fällen, in denen vorrangig die von den Gutachterausschüssen vorgegebenen Liegenschaftszinssätze anzuwenden sind (§ 193 Abs. 4 Satz 1 BewG), ist der Abzinsungsfaktor – sofern nicht bereits in der Tabelle enthalten – nach der folgenden Formel zu bestimmen:
Abzinsungsfaktor = 1/qn
(q = Zinsfaktor = 1 + p/100; p = Liegenschaftszinssatz; n = Restlaufzeit des Erbbaurechts)
Rz. 42
Die zum Bewertungsstichtag vereinbarten jährlichen Erbbauzinsen sind mit dem Vervielfältiger nach Anlage 21 zum BewG zu kapitalisieren (§ 194 Abs. 3 Satz 3 BewG); auch hierbei werden die Liegenschaftszinssätze i. S. d. § 193 Abs. 4 BewG zugrunde gelegt.
Maßgebender Erbbauzins ist der am Bewertungsstichtag zu zahlende Erbbauzins, umgerechnet auf einen Jahresbetrag. Dabei ist stets auf die vertraglichen Vereinbarungen abzustellen; auf den gezahlten Erbbauzins kommt es nicht an.
Sind Erbbauzinsen während der Laufzeit des Erbbaurechts in unterschiedlicher Höhe vereinbart (z. B. bei Einmalzahlungen oder gestaffeltem Erbbauzins), kann aus Vereinfachungsgründen ein durchschnittlicher Jahresbetrag aus den insgesamt nach dem Bewertungsstichtag zu leistenden Erbbauzinsen in Abhängigkeit von der Restlaufzeit gebildet werden.
Die künftigen Anpassungen aufgrund von Wertsicherungsklauseln (z. B. Anknüpfung der Erbbauzinsen an den Lebenshaltungskostenindex) sind nicht zu berücksichtigen. Ist kein Erbbauzins zu zahlen, stellt der abgezinste Bodenwert den Bodenwertanteil dar.
Zur Kapitalisierung des Erbbauzinses ist der Vervielfältiger für die auf volle Jahre abgerundete Restlaufzeit und des Liegenschaftszinssatzes der Anlage 21 zum BewG zu entnehmen. Beträgt die Restlaufzeit des Erbbaurechts weniger als ein Jahr, ist der Vervielfältiger mit einem Wert von 0 EUR zu berücksichtigen (R B 194 Abs. 4 Satz 8 ErbStR). Aus Vereinfachungsgründen wird auf die Regelung eines Marktanpassungsfaktors für den Bodenwertanteil verzichtet.
3.3.2.3 Gebäudewertanteil
Rz. 43
Nach § 27 ErbbauVO hat der Erbbauverpflichtete vorbehaltlich anderweitiger Vertragsvereinbarungen dem Erbbauberechtigten bei Ablauf des Erbbaurechtsvertrags eine Entschädigung zu zahlen, die sich nach dem Verkehrswertanteil des Gebäudes bemisst. In diesem Fall entspricht der Grundbesitzwert des Erbbaugrundstücks dem nach § 194 Abs. 3 BewG ermittelten Bodenwertanteil.
Geht jedoch nach Ablauf des Erbbaurechtvertrags der verbleibende Gebäudewert ohne Vollentschädigung oder nur durch Teilentschädigung über, so ist der Bodenwertanteil um einen Gebäudewertanteil zu erhöhen (§ 194 Abs. 2 Satz 2 BewG); dies entspricht dem finanziel...