Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Dr. Christoph Regierer
Rz. 22
Die Jahressteuer wird nach den gleichen Grundsätzen berechnet wie die Sofortsteuer nach dem Kapitalwert. Die Steuer entsteht mit dem Tod des Erblassers oder dem Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung. Die Rechtslage und auch die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt sind allein maßgeblich für die Steuerfestsetzung.
Rz. 23
Die Jahressteuer ist jährlich im Voraus zu entrichten. Dies stellt einen Nachteil gegenüber der Sofortbesteuerung nach dem Kapitalwert dar, denn der Kapitalwert wird nach § 14 BewG auf Basis einer mittelschüssigen Zahlungsweise ermittelt. Die jeweiligen Vervielfältiger werden regelmäßig vom BMF veröffentlicht (s. BMF vom 04.10.2021, BStBl I 2021, 1821 für Bewertungsstichtage ab 01.01.2021, BStBl I 2020, 1048; BMF vom 02.12.2019 für Bewertungsstichtage ab 01.01.2020, BStBl I 2019, 1288; BMF vom 22.11.2018 für Bewertungsstichtage ab 01.01.2019, BStBl I 2018, 1306; BMF vom 28.11.2017 für Bewertungsstichtage ab 01.01.2018, BStBl I 2017, 1526; BMF vom 04.11.2016 für Bewertungsstichtage ab 01.01.2017, BStBl I 2016, 1166, BMF vom 02.12.2015 für Bewertungsstichtage ab 01.01.2016, BStBl I 2015, 954; BMF vom 26.10.2012 für Bewertungsstichtage ab 01.01.2013, BStBl I 2012, 950; BMF vom 26.09.2011 für Bewertungsstichtage ab 01.01.2012, BStBl I 2011, 834; BMF vom 08.11.2010 für Bewertungsstichtage ab 01.01.2011, BStBl I 2010, 1288).
Rz. 24
Die Jahressteuer wird nach dem Steuersatz erhoben, der sich bei einer Versteuerung nach dem Kapitalwert ergeben würde. Der Steuerpflichtige soll bei der Wahl der Jahresversteuerung keinen niedrigeren Steuersatz erhalten als bei der Wahl der Sofortversteuerung. Somit ist nach der Ermittlung des Jahreswerts in einem zweiten Schritt der Kapitalwert des Nießbrauchs- oder Rentenrechts zu errechnen. Der Kapitalwert von Nießbrauchs- und Rentenrechten wird nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. §§ 13 bis 16 BewG ermittelt.
Rz. 25
Erhält der Steuerpflichtige gleichzeitig weiteres Vermögen, ist dieses in die Bestimmung des Steuersatzes mit einzubeziehen. Der Steuersatz ist demnach auf Basis des Gesamterwerbs, bestehend aus dem Kapitalwert des Nießbrauchs- oder Rentenrechts und der Steuerwerte des übrigen Vermögens, nach § 19 ErbStG zu ermitteln.
Rz. 26
Zur Ermittlung des maßgeblichen Steuersatzes hat eine Abrundung des Steuerwerts, bestehend aus Kapitalvermögen und ggf. den Steuerwerten der weiteren erworbenen Wirtschaftsgüter, auf volle 100 EUR zu erfolgen. Eine Abrundung der einzelnen Jahreswerte auf volle 100 EUR ist nach Auffassung der Finanzverwaltung dagegen nicht vorgesehen (s. OFD Frankfurt a. M., Vfg. vom 25.6.2020 – S 3715 A-001-St 710).
Rz. 27
Für die Berücksichtigung der Freibeträge gemäß §§ 16, 17 ErbStG gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Finanzverwaltung wendet als Regelverfahren die sog. Aufzehrungsmethode an. Auf Antrag kann der Steuerpflichtige jedoch auch die Anwendung der Kürzungsmethode verlangen (s. Hannes/Holtz in M/H/H, § 23 Rn. 16; BFH vom 17.09.1997, DStR 1998, 400). Die Berücksichtigung der steuerfreien Ausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG erfolgt in gleicher Weise wie die der Freibeträge nach den §§ 16, 17 ErbStG. Für sie findet somit, je nach Wahl des Steuerpflichtigen, ebenfalls die Aufzehrungs- oder die Kürzungsmethode Anwendung.
Rz. 28–29
vorläufig frei
4.1.1 Aufzehrungsmethode
Rz. 30
Bei der Aufzehrungsmethode werden die Freibeträge vorrangig von dem der Sofortbesteuerung unterliegenden Vermögen abgezogen (s. RFH vom 10.02.1938, RStBl 1938, 396). Verbleibt ein Restfreibetrag oder wird kein sonstiges Vermögen übertragen, wird die Erhebung der Jahressteuer so lange ausgesetzt, bis die Freibeträge aufgezehrt sind. Nach Verbrauch der Freibeträge wird die Steuer von dem vollen Jahreswert erhoben.
Beispiel (nach H E 23 ErbStH):
Nach dem Tod des Ehemanns im Jahr 2011 erhält seine Witwe (63 Jahre) eine steuerpflichtige Leibrente mit einem Jahreswert von 60.000 EUR und Barvermögen mit einem Wert von 456.000 EUR. Es bestand Gütertrennung. Hinsichtlich der Rente beantragt sie die Jahresversteuerung.
Lösung:
Für die ersten fünf Jahre (5 × 60.000 EUR) ist die Jahressteuer mit Rücksicht auf den "Restfreibetrag" von 300.000 EUR nicht zu erheben. Ab dem sechsten Jahr fällt die Jahressteuer von 9.000 EUR an.
Hätte das erworbene Barvermögen in Abwandlung des Beispiels nur 443.000 EUR betragen, stände für das sechste Jahr noch ein Restfreibetrag von 13.000 EUR zur Verfügung (756.000 EUR ./. 443.000 EUR ./. 5 × 60.000 EUR). Im sechsten Jahr ergäbe sich in diesem Fall die Jahressteuer wie folgt:
Ab dem siebten Jahr würde die Jahressteuer dann erst in voller Höhe von 9.000 EUR erhoben werden.
Rz. 31–32
vorläufig frei
4.1.2 Kürzungsmethode
Rz. 33
Die Finanzverwaltung lässt auf Antrag des Steuerpflichtigen die Anwendung der Kürzungsmethode zu (H E 23 ErbStH). Die Finanzverwaltung folgt damit der Entscheidung des BFH vom 17.09.1997 (BFH/NV 1998, 587). Bei der Kürzungsmethode wird der Freibetrag über die gesamte Laufzeit des Rechts gleichmäßig in Anspruch genommen. Hierzu ist eine Kürzungsquote zu ermitteln, um die der Jahres...