Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Preißer
Rz. 282
Noch zu Lebzeiten kann schließlich der Erblasser den Pflichtteilsberechtigten (Abkömmlingen, Eltern, Ehegatten) den Pflichtteil entziehen, wenn sie sich eines der nachfolgend genannten Vergehen schuldig gemacht haben (s. §§ 2333 ff. BGB):
Ab 2010 ist somit der Entziehungsgrund des ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels (Nr. 5) entfallen. Für die gem. Nr. 4 zum Entzug des Pflichtteils führende Straftat ist zu beachten, dass diese sich nicht gegen den Erblasser oder eine ihm nahestehende Person richten muss (BR-Drs. 96/08, 51).
Die Entziehung des Pflichtteils erfolgt durch letztwillige Verfügung des Erblassers in der Form, die für die Errichtung von Testamenten vorgesehen ist. Grund und Person sind dabei genau zu bezeichnen. Der Grund für die Entziehung ist im Testament anzugeben (§ 2336 Abs. 2 Satz 1 BGB), wobei die Entziehung unwirksam ist, wenn der Grund irrtümlich genannt oder nicht nachweisbar ist (BGH vom 29.11.1963, NJW 1964, 549).
Wie bei der Erbunwürdigkeit führt die spätere Verzeihung (s. § 2337 BGB) zur Annullierung des vorherigen Pflichtteilsentzugs. Anders als bei der Entziehung muss beim Verzeihensakt nicht die testamentarische Form gewahrt werden. Verziehen werden kann auch durch tatsächliche Handlung.
Rz. 283
Exkurs:
Die Entziehungsgründe wurden aufgrund der Erbrechtsreform vereinheitlicht:
- Die Grundsätze über die Entziehung gelten gem. § 2333 Abs. 2 BGB nunmehr auch für den Eltern- und den Ehegattenpflichtteil.
- Durch die Neuregelung werden alle Personen geschützt, die dem Erblasser vergleichbar nahestehen wie ein Ehegatte, Lebenspartner oder seine Kinder, somit auch die Stief- und Pflegekinder. Ein Pflichtteilsentzug kommt auch in Betracht, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen Personen nach dem Leben trachtet oder diese körperlich schwer misshandelt.
Künftig wird die Tötung (schwere körperliche Misshandlung) der Lebenspartnerin des Erblassers durch seine Kinder deren Pflichtteilsentzug rechtfertigen.
Der Grund "ehrloser und unsittlicher Lebenswandel" soll entfallen. An seine Stelle tritt: eine "rechtskräftige Verurteilung zu mindestens einem Jahr ohne Bewährung" und die Unzumutbarkeit für den EL, dem Verurteilten den Pflichtteil zu belassen.
Rz. 284–289
vorläufig frei