Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Preißer
Rz. 333
Nachdem den Erben eine Abfindung nach § 738 BGB gegen die Personengesellschaft zusteht, fällt diese in den Nachlass und ist als Erwerb von Todes wegen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtig. Nachdem dieser Auseinandersetzungsanspruch nach h. M. keine betriebliche Forderung mehr darstellt, sondern privater Natur ist, wird der gemeine Wert mit dem Nennwert der Kapitalforderung (= echter Unternehmenswertanteil) nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 1 BewG angesetzt (s. auch Wälzholz in V/S/W, § 3 Rn. 86).
Rz. 334
Zusätzlich fingiert § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG für die verbleibenden Altgesellschafter ebenfalls einen Erwerb von Todes wegen, soweit der ihnen zugewachsene Anteil des ausscheidenden Erblassers mehr wert ist als der Abfindungsanspruch seiner Erben. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, einen Abfindungsanspruch gesellschaftsvertraglich im Falle todesfallbedingten Ausscheidens des Gesellschafters auszuschließen (s. Ulmer/Schäfer in MüKo, § 738 BGB, Rn. 62). Auch solche Klauseln fallen in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG. Ein Erwerb von Todes wegen auf Seiten der verbleibenden Gesellschafter liegt auch vor, wenn der Erblasser sog. "vorletzter Gesellschafter" war und aufgrund einer Übernahmeklausel der verbleibende Gesellschafter die Personengesellschaft als Einzelunternehmer fortführt. In beiden Fällen unterstellt § 3 ErbStG eine Schenkung des Erblassers auf den Todesfall zu Gunsten seiner/s Partner/s, und zwar auch ohne subjektive Bereicherungsabsicht des Erblassers (s. R E 3.4 Abs. 1 ErbStR 2011 sowie s. BFH vom 01.07.1992, BStBl II 1992, 912). Für die Praxis sei angefügt, dass dieser Erwerbstatbestand immer dann greift, wenn der Abfindungsanspruch auf den Buchwert begrenzt ist und der Steuerwert entsprechend höher ist. Darüber hinaus kann er auch bei der selten vereinbarten "Unter-Buchwert-Klausel" vorkommen, die jedoch zumindest seit der Einführung der verlängerten Maßgeblichkeit aufgrund des BiRiLiG 1993 – bereits im Vorfeld – ernsthafte Zweifel an der Stellung des Erblassers als Mitunternehmer aufkommen lässt. Den Altgesellschaftern stehen beim Anwachsungserwerb auch die Vergünstigungen des § 13a ErbStG zu (s. R E 13b.1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ErbStR sowie H E 3.4 ErbStH). S. hierzu auch die Parallelvorschrift des § 7 Abs. 7 ErbStG!
Rz. 335
Fazit: Bei der Fortsetzungsklausel haben die Erben den Abfindungsanspruch als (nicht nach §§ 13a, 13b ErbStG begünstigte) Kapitalforderung zu versteuern. Die verbleibenden Gesellschafter, denen der Anteil des Erblassers anwächst, versteuern die Differenz zwischen dem (höheren) Steuerwert und dem (niedrigeren) Abfindungsanspruch.
Zur Neuregelung s. Rn. 360.