Angabe mandatsbezogener Daten trotz anwaltlicher Schweigepflicht
Hintergrund: Beratung ausländischer Mandanten
Die RA-Gesellschaft R erbrachte im Meldezeitraum (II. Quartal 2010) Beratungsleistungen an im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer. Der Ort der Leistung lag somit nicht im Inland (§ 3a Abs. 2 Satz 2 UStG) und die Leistungsempfänger schuldeten in ihrem Ansässigkeitsstaat die USt im Wege der Umkehr der Steuerschuldnerschaft ("reverse charge"). Dementsprechend erteilte R Rechnungen ohne USt.
In ihrer USt-Voranmeldung erklärte R zwar innergemeinschaftliche sonstige Leistungen (§ 18b Satz 1 Nr. 2 UStG), gab jedoch keine Zusammenfassende Meldung i. S. d. § 18a UStG ab. Auf die Erinnerung des FA an die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung wandte R unter Hinweis auf die anwaltliche Schweigepflicht ein, sie dürfe als RA-Gesellschaft die Weitergabe von Informationen verweigern, die ihr in anwaltlicher Eigenschaft anvertraut wurden (§ 102 Abs. 1 Nr. 3 AO). Das FG wies die dagegen gerichtete Klage mit der Begründung ab, das fiskalische Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens gehe vor.
Entscheidung: Angaben in der "Zusammenfassenden Meldung"
Der Unternehmer, der im übrigen Gemeinschaftsgeist steuerpflichtige sonstige Leistungen erbringt, für die der im anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, hat dem Bundeszentralamt für Steuer (BZSt) eine Zusammenfassende Meldung nach vorgeschriebenem Datensatz durch Fernübertragung zu übermitteln. Darin sind folgende Angaben zu machen (§ 18a Ab s. 7 UStG):
- die USt-IdNr. jedes Leistungsempfängers, unter der die Leistungen erbracht wurden,
- für jeden Leistungsempfänger die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn erbrachten sonstigen Leistungen,
- ein Hinweis auf das Vorliegen einer im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführten steuerpflichtigen sonstigen Leistung, für die der im anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet.
Befreiung von der anwaltlichen Schweigepflicht ...
Die R konnte die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung nicht unter Hinweis auf das anwaltliche Auskunftsverweigerungsrecht ablehnen. Der Rechtsanwalt ist zwar zum Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant zur Verschwiegenheit verpflichtet. Geschützt sind mandatsbezogene Geheimnisse, die dem Berufsträger bei Ausübung oder Anbahnung des Mandats bekannt geworden sind. Davon umfasst wird sowohl die Identität des Mandanten als auch die Tatsache seiner Beratung. Das Auskunftsverweigerungsrecht gilt nur dann nicht, wenn und soweit der Berufsträger durch den Mandanten von der Verschwiegenheitspflicht entbunden wurde. Außerdem gilt die Verschwiegenheitspflicht nicht, wenn eine Ausnahme gesetzlich zugelassen ist.
... durch die Mitteilung der USt-IdNr.
Der BFH lässt offen, ob bereits die gesetzlich normierte Abgabepflicht nach § 18a UStG die anwaltliche Schweigepflicht einschränkt. Jedenfalls liegt in der Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr. durch den Leistungsempfänger gegenüber dem leistenden Unternehmer (hier: R) die Einwilligung in die Offenbarung der USt-IdNr. in einer Zusammenfassenden Meldung. Die Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr. dient dem Nachweis der Unternehmereigenschaft und des Leistungsbezugs für das Unternehmen. Außerdem ist dem Leistungsempfänger bekannt, dass der Leistende in seinem Ansässigkeitsstaat eine Zusammenfassende Meldung abgeben muss. Aufgrund dieses aufeinander abgestimmten Systems liegt in der Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr. auch die konkludente Mitteilung, dass der Leistungsempfänger damit einverstanden ist, dass der Leistende eine Zusammenfassende Meldung mit den erforderlichen Angaben abgibt. Der Leistungsempfänger hat damit auf die Wahrung der Verschwiegenheitspflicht verzichtet. Denn ihm ist bekannt, dass die USt-IdNr. zum Zweck der Besteuerung weitergegeben wird.
Hinweis: Inhalt der Beratungen unterliegt der Schweigepflicht
Der BFH verneint eine unzulässige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der EU. Denn die im Allgemeininteresse zu wahrende Steueraufsicht kann eine Einschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung erscheint zur Erreichung dieses Zwecks angemessen, da sich die geforderten Angaben auf den Mindestinhalt zur Identität des Leistungsempfängers und zum Umfang der Leistung beschränken. Der BFH geht davon aus, dass jedem Leistungsempfänger bekannt ist, dass er mit der Mitteilung der USt-IdNr. den Leistenden insoweit von seiner Verschwiegenheitspflicht befreit. Wichtig ist, dass sich die Befreiung nur auf die Mindestangaben in der Zusammenfassenden Meldung beziehen kann. Sie umfasst insbesondere nicht den Inhalt der erbrachten Beratungsleistungen. Insoweit bleibt die berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht gewahrt.
BFH, Urteil v. 27.9.2017, XI R 15/15; veröffentlicht am 29.11.2017.
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