Aufhebung der Vollziehung eines dinglichen Arrests
Hintergrund:
Das Finanzamt kann zur Sicherung der Vollstreckung von Steuerforderungen den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§ 324 Abs. 1 Satz 1 AO). Dadurch soll verhindert werden, dass der Steuerpflichtige einen bestehenden Zustand verändert und die zukünftige Zwangsvollstreckung gefährdet wird. Durch die Hinterlegung eines Geldbetrages, dessen Höhe in der Arrestanordnung festgelegt wird, kann der Steuerpflichtige erreichen, dass die Vollziehung des Arrestes gehemmt und bereits durchgeführte Vollziehungsmaßnahmen wieder aufgehoben werden (§ 324 Abs. 1 Satz 3 AO). Statt der Hinterlegung eines Geldbetrages kann auch nach Maßgabe der §§ 241 bis 245 AO Sicherheit geleistet werden. Nicht geklärt war in der Rechtsprechung bislang, ob die Aussetzung der Vollziehung der Arrestanordnung auch ohne Sicherheitsleistung gewährt werden kann.
Im Streitfall erhob A Sprungklage gegen die Anordnung eines dinglichen Arrestes durch das Finanzamt und beantragte wegen der bereits andauernden Vollstreckung gleichzeitig beim Finanzgericht die Aufhebung der Vollziehung der Arrestanordnung. Er machte geltend, die Hinterlegung des streitigen Arrestbetrages sei nicht möglich, weil ihm nach dem Arrestvollzug kein weiteres freies Vermögen zur Verfügung stehe. Sein Antrag gehe deshalb auf Aufhebung der Vollziehungsmaßnahmen ohne Sicherheitsleistung. Das Finanzgericht lehnte den Antrag als unzulässig ab.
Entscheidung des BFH:
Der BFH entschied im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Finanzgerichts, dass der Antrag des A auf Aufhebung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung zulässig und begründet sei.
Die Zulässigkeit des Antrags begründete der BFH im Wesentlichen folgendermaßen:
Wenn dem Sicherungsinteresse des Finanzamts nach dem Willen des Gesetzgebers nicht entgegensteht, dass die Vollziehung eines Steuerbescheids auch ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt oder aufgehoben werden kann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen, so muss das erst Recht gelten, wenn der Steueranspruch noch nicht in Steuerbescheiden festgesetzt worden ist und es somit nur um die Sicherung einer künftigen Forderung geht.
Der BFH gab A auch in der Sache Recht und hob die Vollziehung der Arrestanordnung ohne Sicherheitsleistung auf. Denn in diesem Fall, in dem es um die beabsichtigte Inhaftungsnahme eines Gesellschafters einer OHG für die Umsatzsteuerschulden der OHG ging, reichten bei summarischer Prüfung die in der Arrestanordnung angeführten Tatsachen nicht aus, um den vom Finanzamt geltend gemachten Arrestgrund zu belegen.
Hinweis:
Ein Arrestgrund besteht nach ständiger Rechtsprechung des BFH, wenn bei objektiver Würdigung unter ruhiger und vernünftiger Abwägung aller Umstände die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass ohne sofortige Sicherung durch Arrestanordnung die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert wird (BFH, Beschluss v. 25.4.1995, VII B 174/94, BFH/NV 1995 S. 1037). Dabei kann eine wesentliche Erschwerung der Vollstreckung bereits dann zu besorgen sein, wenn z.B. ein wertvolles Grundstück veräußert wird oder Bank- und Sparkonten leergeräumt werden.
Solche oder ähnliche konkrete Tatsachen hatte das Finanzamt im Streitfall aber nicht dargelegt. Es hatte lediglich angeführt, dass A wegen seiner Teilnahme an einem Umsatzsteuerbetrugsmodell als besonders steuerunehrlich anzusehen sei, und dass jemand, der sich durch eine Straftat einen Vermögensvorteil verschafft habe, wahrscheinlich auch nachhaltige Unternehmungen anstellen werde, um sich die Tatvorteile dauerhaft zu sichern. Derartige allgemeine Ausführungen – so betont der BFH – können aber für sich allein eine Arrestanordnung nicht begründen.
Beschluss v. 6.2.2013, XI B 125/12, veröffentlicht am 20.2.2013
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