Einheitliches Vertragswerk bei der Grunderwerbsteuer
Sachverhalt:
Die Grundstückskäufer unterzeichneten vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages einen Antrag auf Vorlage des Bauvorhabens (wegen des vorliegenden Bebauungsplans erfolgte dies im Genehmigungsfreistellungsverfahren) sowie die Baubeschreibung. Der Eingang beim Stadtbauamt erfolgte nach Abschluss des Grundstückskaufvertrages. Im Notartermin handelten die Grundstückskäufer für sich und die Grundstücksverkäufer, jedoch unter dem Vorbehalt der Genehmigung. Einen Tag vor dieser Genehmigung schlossen die Grundstückskäufer den Bauvertrag mit der Baufirma ab. Die Baufirma hatte dabei den Neubau von Reihenhäusern in bestimmten Neubaugebieten (u. a. das der Grundstückskäufer) angeboten. In einem nach Abschluss des Bauvertrages mit den Grundstückskäufern datierenden Prospekt waren Preislisten (u. a. auch für das Neubaugebiet der Grundstückskäufer) beigefügt. Das Reihenhaus der Grundstückskäufer war darin als „verkauft“ gekennzeichnet. In dem vom Finanzamt an die Grundstückskäufer zugesendeten Fragebogen gaben diese an, dass die Grundstücksverkäuferin das Grundstück vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages mit einer Bebauung durch diejenige Baufirma, mit der die Grundstückskäufer später den Bauvertrag abschlossen, angeboten hatte.
Im Grundstückskaufvertrag war vereinbart, dass „zwischen dem Grundstückskauf und der von den Käufern beabsichtigten Baumaßnahme kein rechtlicher Zusammenhang bestünde und die Käufer frei in der Wahl der Baufirma bzw. des Bauträgers wären“. Dem Vertrag war eine auch von den Käufern unterschriebene Skizze über die Bauparzellen der betreffenden Straße beigefügt. In der Skizze war der Bauabschnitt anders als im Bebauungsplan, aber entsprechend dem Angebot der zum Zuge kommenden Baufirma, bezeichnet.
Entscheidung:
Das Finanzgericht München hat entschieden, dass die Grunderwerbsteuer aus dem Grundstückskaufpreis und den Baukosten (Gegenleistung gem. §§ 8 Abs. 1 und 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) zu berechnen ist, da zwischen Kauf- und Bauvertrag ein objektiver sachlicher Zusammenhang besteht.
Das Finanzgericht tat sich dabei relativ leicht, den objektiven sachlichen Zusammenhang zwischen den Verträgen (einheitliches Vertragswerk) festzustellen und stellte dabei auf die Grundsätze aus der BFH-Rechtsprechung ab. Diese lauten wie folgt:
1. Besonders deutlich ist der objektive sachliche Zusammenhang, wenn der Grundstückskäufer – beim Abschluss des Grundstückskaufvertrages – über das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung nicht mehr frei ist.
Dafür sprach im Streitfall bereits, dass der Abschluss des Bauvertrages vor Genehmigung des Grundstückskauvertrages erfolgte.
2. Es reicht auch aus, wenn der Grundstücksverkäufer dem Käufer vor Abschluss des Kaufvertrages „aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung“ ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet“ und der Käufer dieses Angebot mehr oder weniger unverändert annimmt.
Dafür sprach im Streitfall, dass die Grundstückskäufer vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages einen Antrag auf Vorlage des Bauvorhabens und die Baubeschreibung unterzeichnet hatten.
3. Sind der Grundstücksverkäufer und die Baufirma verschiedene Personen, kommt es darauf an, dass Kauf- und Bauvertrag als „Vertragsgeflecht“ darauf gerichtet sind, dem Erwerber ein bebautes Grundstück zu verschaffen. Dies darf das Finanzamt z. B. dann annehmen, wenn die auftretenden Personen
a.) entweder personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich miteinander eng verbunden sind,
Dafür sprach im Streitfall die Preisliste der Baufirma, die auch die Grundstückspreise auswies. Dies indiziert eine wirtschaftliche Verbindung im Sinne einer einheitlichen Vermarktung.
b.) oder aufgrund von Abreden bei der Veräußerung zusammenarbeiten oder durch ein abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss des Kauf- und Bauvertrags hinwirken.
Dieser Punkt war im Streitfall im Ergebnis durch die wirtschaftliche Verbindung mit erfüllt.
Praxishinweis:
Die Vermeidung eines einheitlichen Vertragswerkes und damit der höheren Grunderwerbsteuer (auch auf das Gebäude) ist deshalb so schwierig, weil dieses Ziel häufig konträr zu den Interessen des Marktes ist. Ein abgestimmtes Konzept erhöht die „Servicequalität“ bzw. reduziert die Risiken des Grundstückskäufers. Eine Baufirma tut sich schwer, ohne Abstimmung mit dem Grundstücksverkäufer ein Konzept zu erstellen.
FG München, Urteil v. 23.7.2014, 4 K 1039/12, Haufe Index 7445803
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