Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Leerstand von Wohnungen
Hintergrund
Der Eigentümer (E) eines Zweifamilienhauses, dessen Erdgeschoss er selbst bewohnt, hatte die Wohnung im ersten Stock bis 1997 vermietet; seitdem steht sie leer. E schaltete mehrmals im Jahr Chiffreanzeigen in einer überregionalen Zeitung, in denen er die Wohnung möbliert zur Anmietung anbot. Die Miethöhe errechnete er aus dem jeweils aktuellen Mitspiegel. Nach Angaben des E haben sich bislang keine "geeignet erscheinenden" Mieter gemeldet. Ein im Dachgeschoss des Hauses liegendes Zimmer mit Bad war zu keinem Zeitpunkt vermietet. Nach Angaben des E sei eine Vermietung auch nicht (mehr) beabsichtigt; in früheren Jahren habe er aber gelegentlich in Aushängen in der Nachbarschaft das Zimmer zur Anmietung angeboten.
Das Finanzamt ließ in den Streitjahren 2004 bis 2006 die von E geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung wegen fehlender Vermietungsabsicht nicht zum Abzug zu. Das Finanzgericht wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH gab dem Finanzamt Recht.
Hinsichtlich des Zimmers im Dachgeschoss ging der BFH davon aus, dass E zu keinem Zeitpunkt eine Einkünfteerzielungsabsicht gehabt habe. Dabei ließ er offen, ob „gelegentliche Aushänge in der Nachbarschaft“ als hinreichende Vermietungsbemühungen gewertet werden könnten. Denn durch die tatsächliche Nutzung des Zimmers als Abstellraum und die eigene Angabe, dass er das Zimmer in den Streitjahren nicht mehr habe vermieten wollen, habe E selbst seine fehlende Vermietungsabsicht zum Ausdruck gebracht.
Hinsichtlich der Wohnung im ersten Obergeschoss schloss der BFH aus dem Verhalten des E, dass dieser eine zunächst bestehende Einkünfteerzielungsabsicht zwischenzeitlich aufgegeben habe. Nachdem die geschalteten Zeitungsanzeigen aber erkennbar nicht erfolgreich gewesen seien, hätte E sowohl geeignetere Wege der Vermarktung der Wohnung suchen als auch seine Vermietungsbemühungen intensivieren müssen. Darüber hinaus sei ihm auch zuzumuten gewesen, Zugeständnisse etwa bei der Höhe der Miete oder der Auswahl der für ihn akzeptablen Mieter zu machen. Da E nichts dergleichen getan habe, sei davon auszugehen, dass er den Entschluss zur Einkünfteerzielung aufgegeben habe.
Hinweis
Das Besprechungsurteil ist laut Pressemitteilung des BFH die "Leitentscheidung" zum Abzug von Werbungskostenüberschüssen beim Leerstand von Wohnungen. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die Feststellungslast für eine trotz Leerstand fortbestehende Einkünfteezielungsabsicht beim Steuerpflichtigen liegt. Das bedeutet, dass aus seinem Verhalten erkennbar sein muss, dass er das Objekt weiterhin vermieten will. Indizien dafür sind deshalb in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen - z.B. durch das Schalten von Vermietungsanzeigen in Zeitungen. Sind solche Bemühungen aber nicht von Erfolg gekrönt, muss der Steuerpflichtige sein Verhalten anpassen und geeignetere Wege zur Vermietung suchen. Das kann dadurch geschehen, dass er z.B. die Mietforderung senkt, oder auch dadurch, dass er einen Makler mit der Vermietung beauftragt.
Zudem weist der BFH darauf hin, dass bei besonders lang andauernden Leerständen eine Einkünfteerzielungsabsicht auch ohne Zutun oder Verschulden des Steuerpflichtigen wegfallen kann. Das könne z.B. dann der Fall sein, wenn absehbar sei, dass ein Objekt wegen fehlender Marktgängigkeit oder aufgrund anderweitiger struktureller Vermietungshindernisse in absehbarer Zeit nicht wieder vermietet werden kann.
Zu dem Problemkreis "langjähriger Leerstand von Wohnungen" sind beim BFH eine Reihe weiterer Verfahren anhängig: IX R 68/10 (Reaktion auf "Mietgesuche" als ernsthafte Vermietungsbemühung?); IX R 39-41/11 ((Keine Nachweise über Art, Umfang und Intensität von Vermietungsbemühungen); IX R 9/12 ("Punktuelle Vermietungsbestrebungen" bei gleichzeitiger Verkaufsabsicht); IX R 19/11 (Leerstand bei Untervermietung); IX R 7/10 (Leerstand bei Zwischenvermietung).
BFH Urteil vom 11.12.2012 - IX R 14/12 (veröffentlicht am 06.02.2013)
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