Entnahme der Kaufoption beim PKW-Leasing
Hintergrund
Die selbständige Apothekerin A hatte 1998 einen Finanzierungsleasingvertrag für 3 Jahre über einen PKW (Netto-Anschaffungskosten 85.400 DM) abgeschlossen. Die monatliche Leasingrate lag bei 2.200 DM. Vereinbart war ein Andienungsrecht zu einem Kaufpreis von 17.080 DM. A nutzte den PKW zu betrieblichen und privaten Zwecken. Die Leasingraten behandelte sie als Betriebsausgaben und bewertete die Nutzungsentnahme nach der 1 %-Regelung.
Zum Ende der Vertragszeit (2001) schrieb das Leasingunternehmen an A, sie könne, falls sie keine Vertragsverlängerung wünsche, das Fahrzeug zum Preis von 17.080 DM erwerben. Darauf wandte sich E, der Ehemann der A, an das Leasingunternehmen und erklärte, dass A keine Vertragsverlängerung und auch keinen Erwerb wünsche, dass aber er, E, zum Erwerb bereit sei. E kaufte sodann das Fahrzeug zum Preis von 17.080 DM, nutzte es und veräußerte es 2002 für 28.700 EUR weiter.
Das FA war der Meinung, A habe dem E die Vorteile aus den Ankaufmöglichkeiten zukommen lassen und damit gewinnerhöhend entnommen. Das FA schätzte den Teilwert zum Zeitpunkt des Vertragsablaufs auf 60.000 DM und ermittelte dementsprechend für 2001 einen Entnahmewert von 40.200 DM.
Das FG wies die Klage ab. A habe durch die Zahlung der Leasingraten eine Kaufoption erworben und diese mit der Überlassung an E als entnahmefähiges Wirtschaftsgut entnommen.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision zurück.
Mit dem Schreiben an A zum Ende der Vertragslaufzeit hat das Leasingunternehmen der A eine Kaufoption eingeräumt. Diese stellt ein entnahmefähiges Wirtschaftsgut dar. Der Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen. Er umfasst zum einen alle Gegenstände (Sachen und Rechte), darüber hinaus aber auch sonstige Vorteile. Darunter fallen tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich sind. Zum Stichtag muss ein wirtschaftlich ausnutzbarer Vermögensvorteil vorliegen, der als realisierbarer Vermögenswert angesehen werden kann.
Die der A eingeräumte Verkaufsoption erfüllt alle diese Voraussetzungen. Es handelt sich um konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb, da es nach Einräumung der Option nur noch vom Verhalten der A abhängig war, ob sie das Fahrzeug zu einem fest vereinbarten Preis von etwa 1/3 des aktuellen Verkehrswerts erwerben bzw. die Möglichkeit des vorteilhaften Erwerbs auf einen beliebigen von ihr zu benennenden Dritten übertragen wollte.
Der Annahme eines Wirtschaftsguts steht nicht entgegen, dass die Ausübung der Option möglicherweise auf die Restdauer des Leasingvertrags - etwa ein Monat - begrenzt war, da die Option bereits wenige Tage nach ihrer Einräumung ausgeübt wurde. Im Übrigen ist es für die Annahme eines Wirtschaftsguts nicht erforderlich, dass die Aufwendungen einen längerfristigen Nutzen erbringen. Die Mehrjährigkeit bzw. Längerfristigkeit eines Vorteils ist kein Merkmal des Wirtschaftsgutsbegriffs. Die Dauer der Nutzbarkeit hat lediglich Bedeutung für die Frage, ob die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sofort als Betriebsausgabe abziehbar oder im Wege der AfA auf mindestens zwei Wirtschaftsjahre zu verteilen sind.
Hinweis
Der BFH ergänzt, dass im Fall eines Vollamortisationsvertrags der Leasing-PKW als solcher bereits von Anfang an unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums dem Leasingnehmer zugerechnet wird. Die am Ende der Laufzeit vorgenommene Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums vom Leasinggeber an eine dem Leasingnehmer nahestehende Person zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis stellt dann eine gewinnerhöhende Entnahme des PKW aus dem Betriebsvermögen des Leasingnehmers dar.
Entnahmegegenstand ist im Streitfall die konkret schriftlich eingeräumte Kaufoption, die von A an E weitergereicht wurde. Lässt sich eine solche Option aus dem Vertragsverhältnis nicht entnehmen, handelt es sich lediglich um eine nicht bewertbare Möglichkeit eines günstigen Kaufs. Der bloße Nachweis einer Erwerbs- oder Geschäftschance bildet kein Wirtschaftsgut.
Urteil v. 26.11.2014, X R 20/12, veröffentlicht am 11.2.2015
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