Ermäßigte Besteuerung für Überstundenvergütung

Überstundenvergütungen, die einem Arbeitnehmer aufgrund eines Aufhebungsvertrags für mehrere zurückliegende Jahre nachgezahlt werden, können nach Auffassung des FG Münster als außergewöhnliche Einkünfte ermäßigt besteuert werden.

Besteuerung einer Überstundenvergütung 

Der klagende Arbeitnehmer baute in den Jahren 2013 bis 2015 sukzessive insgesamt 330 Überstunden auf, die ihm zunächst nicht vergütet wurden. Im Jahr 2016 schloss er mit seinem Arbeitgeber schließlich einen Aufhebungsvertrag zum Arbeitsvertrag, infolgedessen ihm eine Bruttovergütung von 6.000 EUR für die geleisteten Überstunden der Vorjahre nachgezahlt wurde. In seiner Einkommensteuererklärung 2016 wollte der Arbeitnehmer die Nachzahlung dem ermäßigten Steuersatz unterwerfen, der für außerordentliche Einkünfte gilt (sog. Fünftelregelung). Konkret begehrte er eine Einordnung als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Das Finanzamt lehnte die Tarifermäßigung ab und besteuerte die Nachzahlung stattdessen als laufenden Arbeitslohn.

Vergütung für mehrjährige Tätigkeit rechtfertigt ermäßigte Besteuerung 

Das FG gab grünes Licht für die ermäßigte Besteuerung und urteilte, dass die Nachzahlungsbeträge Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG sind. Eine Tätigkeit ist mehrjährig, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Im Urteilsfall wurden Vergütungen für eine solche mehrjährige Tätigkeit gezahlt, da sich der Nachzahlungszeitraum auf die Jahre 2013 bis 2015, damit auf mehr als zwei Veranlagungszeiträume erstreckte und länger als zwölf Monate andauerte. 
Das FG folgte ausdrücklich nicht der vom Finanzamt zitierten Rechtsprechung des FG Hamburg, Urteil v. 2.7.2002, II 83/01, nach der Überstundenvergütungen für mehrere Jahre nicht steuerbegünstigt sind, da mit ihnen lediglich Vergütungsbestandteile nachgezahlt werden und keine Tätigkeit entlohnt wird, die als einheitliches Ganzes in mehrere Veranlagungszeiträume fällt. Das FG Münster vertritt hiervon abweichend den Standpunkt, dass Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten auch dann vorliegen können, wenn sich die Vergütung – wie im Urteilsfall – aus verschiedenen Beträgen zusammensetzt, die jeweils einem bestimmten Einzeljahr (hier: 2013, 2014, 2015) zugerechnet werden können.

Revision beim BFH 

Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat das FG die Revision zugelassen. Der BFH erhält im mittlerweile anhängigen Revisionsverfahren, Az beim BFH VI R 23/19 die Gelegenheit, sich zur Besteuerung von Nachzahlungen für geleistete Mehrarbeit zu positionieren.

FG Münster, Urteil v. 23.5.2019, 3 K 1007/18 E, veröffentlicht mit dem Juni-Newsletter des FG Münster


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