Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen

Hintergrund
A zahlte in 2009 Beiträge für eine private Basiskrankenversicherung und Pflegeversicherung für sich und seine Kinder. In 2010 wurde ihm ein Teil dieser in 2009 gezahlten Beiträge erstattet. Das FA berücksichtigte für 2010 die von A als Sonderausgaben geltend gemachten Beiträge nicht in voller Höhe, sondern nur gekürzt um die für 2009 erhaltenen Rückerstattungen. Dagegen wandte A ein, die Minderung der geleisteten Beiträge um die Beitragsrückerstattungen führe für das Streitjahr 2010 zu einem systemwidrigen Ergebnis, da sich die erstatteten Beiträge in den Jahren vor 2010 nicht in voller Höhe als Sonderausgaben hätten auswirken können. Das FG gab der Klage mit dem Hinweis statt, eine Verrechnung im Erstattungsjahr sei ausgeschlossen, wenn die Aufwendungen im Zahlungsjahr lediglich beschränkt, im Erstattungsjahr aber unbeschränkt abziehbar seien.
Entscheidung
Der BFH widerspricht dem FG. Das FG-Urteil wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen. Bei den jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben, wie z.B. Versicherungsbeiträgen oder Kirchensteuer, sind die erstatteten Beiträge mit den im Erstattungsjahr gezahlten gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen, so dass nur der Saldo zum Abzug verbleibt. Denn nur insoweit ist der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig belastet. In bestimmten Fällen kann die Verrechnung allerdings dazu führen, dass gezahlte Sonderausgaben sich steuerlich nicht auswirken, obwohl eine tatsächliche und endgültige wirtschaftliche Belastung vorliegt. Andererseits kann in andern Fällen die vorrangige Verrechnung im Erstattungsjahr auch bewirken, dass Erstattungen im Ergebnis steuerlich unbeachtlich sind, obwohl die frühere Zahlung zu einer Steuerminderung geführt hat. Dementsprechend geht der BFH davon aus, dass die Verrechnungsmethode unter systematischen Gesichtspunkten zu Gunsten und zu Lasten der Steuerpflichtige belastungsneutral sei. Dieser Grundsatz muss nach Ansicht des BFH auch gelten, wenn sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern.
Das gilt auch für die unterschiedliche Entlastung der Krankenversicherungsbeiträge in 2009 und 2010. Durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung sind ab 2010 die Beiträge für die Basisabsicherung unbegrenzt abziehbar, während die Aufwendungen für eine zusätzliche Krankenversicherung nur beschränkt berücksichtigt werden. Damit wollte das Gesetz - wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt - nach den Vorgaben des BVerfG (BVerfG v. 13.2.2008, 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125) lediglich die Abziehbarkeit der Krankenversicherungsbeiträge verbessern ohne die Systematik der Verrechnung zu ändern.
Hinweis
In zwei Parallelfällen (Urteile v. 6.7.2016, X R 22/14 und v. 3.8.2016, X R 35/15) hat der BFH entsprechend entschieden. Die Frage, die in der Finanzgerichtsbarkeit unterschiedlich beurteilt wurde, ist damit geklärt. Mit der Einfügung des § 10 Abs. 4b EStG durch das StVereinfG 2011 wurde mit Wirkung ab 2012 die Behandlung von Erstattungsüberhängen geregelt. Die Vorschrift betrifft nur die beiden wichtigsten Erstattungsfälle (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EStG: Basiskranken- und Pflegeversicherung, KiSt), nicht Nr. 2 (Altersvorsorge) und Nr. 3a (sonstige Vorsorgeleistungen). Aus diesen neuen Regelungen kann nicht geschlossen werden, dass die Kriterien zur Prüfung der Gleichartigkeit von Sonderausgaben grundlegend geändert werden sollten. Schließlich weist der BFH noch darauf hin, dass die Verrechnung nicht in Widerspruch zu der Auffassung des BVerfG steht, wonach die Kranken- und Pflegeversicherungskosten steuerlich zu berücksichtigen sind, soweit sie den Basisschutz gewährleisten (BVerfG v. 13.2.2008, 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125). Denn dies gilt nur für die Beiträge, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich endgültig belastet wird. Die Belastung entfällt jedoch im Umfang der gleichartigen Beitragserstattungen.
BFH, Urteil v. 6.7.2016, X R 6/14, veröffentlicht am 12.10.2016
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