Erzeugung von Strom und Wärme im eigenen Einfamilienhaus
Hintergrund:
E betreibt in ihrem selbstgenutzten Einfamilienhaus ein sog. Blockheizkraftwerk, das unter Verbrennung von Erdgas gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt. Aus dem Erwerb der Anlage hatte E den vollen Vorsteuerabzug erhalten. Den selbst erzeugten Strom speist E insoweit in das öffentliche Stromnetz ein, als er nicht in dem Gebäude verbraucht wird. Das Finanzamt unterwarf die Verwendung von Strom und Wärme für den Eigenbedarf als sog. Entnahme der Umsatzbesteuerung. Die Bemessungsgrundlage für die Entnahmebesteuerung ermittelte das Finanzamt aus den Selbstkosten, die hier 10 % der Anschaffungs-/Herstellungskosten sowie der laufenden vorsteuerbelasteten Kosten ausmachten. Dagegen war E der Auffassung, dass als Bemessungsgrundlage für die selbstgenutzte Energie der jeweilige niedrigere Einkaufspreis für Strom und Wärme anzusetzen sei.
Entscheidung:
Der BFH gab der E Recht und entschied, dass als Bemessungsgrundlage für die Entnahmebesteuerung die für die Strom- und Wärmeerzeugung angefallenen Selbstkosten nur dann anzusetzen sind, wenn ein Einkaufspreis für den Strom bzw. die Wärme nicht zu ermitteln ist.
Zunächst bestätigte der BFH seine bisherige Rechtsprechung, dass der Betreiber eines Blockheizkraftwerks im selbstgenutzten Einfamilienhaus als Unternehmer i. S. von § 2 Abs. 1 UStG tätig wird, wenn er den Strom teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz einspeist (vgl. BFH Urteil vom 18.12.2008 - V R 80/07, BStBl II 2011 S. 292). Im Rahmen dieser unternehmerischen Tätigkeit stellen sich die Verwendung von Strom für den privaten Bereich sowie die Nutzung der produzierten Wärme für die Heizung des Hauses als Entnahmen von Gegenständen dar, die gemäß § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG einer Lieferung gegen Entgelt gleichzustellen sind.
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG wird der Umsatz bei solchen Lieferungen grundsätzlich nach dem Einkaufspreis bemessen. Eine Bemessung nach den Selbstkosten kommt nur dann in Betracht, wenn kein Einkaufspreis feststellbar ist.
Im vorliegenden Fall wird das Finanzgericht, an das der BFH die Sache zurückverwiesen hat, den Einkaufspreis zu ermitteln haben.
Dabei wird das Finanzgericht nach den Vorgaben des BFH berücksichtigen müssen, dass es im Rahmen des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG bereits ausreichend ist, dass ein Einkaufspreis „für einen gleichartigen“ Gegenstand ermittelt werden kann. Das bedeutet, dass der Ansatz von Einkaufspreisen nicht daran scheitern darf, dass ausschließlich mit Blockheizkraftwerken produzierter Strom und produzierte Wärme am Markt nicht angeboten werden. Denn – so der BFH ausdrücklich - die im eigenen Blockheizkraftwerk erzeugte Wärme und Elektrizität ist in physikalischer und technischer Hinsicht von gleicher Art wie die in anderen Kraftwerken erzeugte. In welchem Produktionsprozess Wärme und Elektrizität erzeugt wurden, ist unerheblich.
Von der Entnahmebesteuerung auszunehmen sind allerdings solche Energiemengen, die für die aus technischen Gründen nicht zur Heizung nutzbare Abwärme anfallen. Denn insoweit liegt keine (willentliche) Entnahme aus dem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, vor (vgl. BFH Urteil vom 03.11.1983 - V R 4-5/73, BStBl II 1984 S. 169).
Hinweis:
Der BFH weicht mit diesem Urteil nicht von seiner Entscheidung zum Eigenverbrauch bei einem kommunalen Wasserwerk ab (vgl. BFH Urteil vom 10.03.1995 - V R 91/91, BFH/NV 1995 S. 451). Dort hat der BFH zwar ausgeführt, die Entnahme von Wasser durch eine Stadt aus ihrem Wasserwerk sei ein umsatzsteuerpflichtiger Eigenverbrauch, der nach den Selbstkosten zu bemessen ist. In diesem Fall war aber nicht erkennbar, dass die Stadt das benötigte Wasser auch von einem anderen Anbieter als dem städtischen Wasserwerk hätte beziehen können. Hingegen hatte im vorliegenden Streitfall die Hauseigentümerin die Möglichkeit, Elektrizität und Wärme von einem anderen Versorger zu beziehen.
BFH Urteil vom 12.12.2012 - XI R 3/10 (veröffentlicht am 27.02.2013)
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