Gewinnneutrale Realteilung bei Fortsetzung der Gesellschaft
Hintergrund
Streitig war, ob die Partnerin A anlässlich ihres Ausscheidens aus einer als Personengesellschaft betriebenen Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei einen Veräußerungsgewinn zu versteuern hat.
A war zu 20 % an der Sozietät beteiligt, die neben ihrer Hauptniederlassung in X eine Zweigniederlassung in Y unterhielt. Der Gewinn wurde durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte. In 2005 vereinbarten die Gesellschafter, dass A zum 2.1.2006 aus der Sozietät ausscheiden und die Y-Praxis übernehmen solle. Die X-Praxis wurde von den übrigen Gesellschaftern weitergeführt. Das FA lehnte die begehrte Steuerneutralität für die Übertragung der der X-Praxis bzw. der ihr zuzuordnenden Wirtschaftsgüter ab. Es liege zwar eine Realteilung vor. Diese sei jedoch als Betriebsaufgabe durch die Gesellschafter anzusehen. Daher sei die Mitunternehmerschaft zum Übergang zum Bestandsvergleich verpflichtet. Der sich daraus ergebende Übergangsgewinn sei als laufender Gewinn zu erfassen.
Das FG gab der Klage der A statt. Die Realteilungsgrundsätze seien auch bei Übernahme eines Teilbetriebs aus einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft anwendbar. Ein Übergang zum Bestandsvergleich sei bei dem hier fehlenden Spitzenausgleich nicht geboten.
Entscheidung
Nach der bisherigen Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung liegt bei Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens eine Realteilung vor, wenn zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer ihm zugewiesene Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt. An dieser engen Definition hält der BFH nicht mehr fest. Eine Realteilung liegt vielmehr auch dann vor, wenn ein Mitunternehmer aus einer mehrgliedrigen Mitunternehmerschaft ausscheidet und diese im Übrigen von den verbleibenden Mitunternehmern fortgeführt wird. Eine Beendigung der Gesellschaft ist nicht erforderlich. Die so verstandene Realteilung ist eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils. Sie führt nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven, wenn und soweit der übernommene Teilbetrieb weiterhin Betriebsvermögen des Ausgeschiedenen bleibt. Es ist daher unerheblich, ob die Mitunternehmerschaft insgesamt aufgelöst wird oder ob nur einzelne Mitunternehmer aus der fortgeführten Mitunternehmerschaft ausscheiden.
Im Streitfall kam es gleichwohl zu einer Gewinnrealisierung, soweit A anlässlich ihres Ausscheidens eine aus künftigen Erlösen der Sozietät oder, falls diese nicht ausreichen, aus dem Vermögen der Gesellschafter zu leistende Rente zugesagt wurde (keine betriebliche Versorgungsrente). Der Kapitalwert der Rente ist als Veräußerungserlös im Zeitpunkt des Ausscheidens der A anzusetzen.
Da die Sozietät ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt hatte, musste sie zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns zwingend zur Bilanzierung übergehen, was wiederum zu einem Übergangsgewinn (oder -verlust) führt, der A nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zu 20 % zuzurechnen ist. Als Veräußerungsgewinn der A ist der Kapitalwert der Rente zuzüglich der Buchwerte des Y-Teilbetriebs (Veräußerungspreis) abzüglich etwaiger Veräußerungskosten und des Werts ihres Kapitalkontos anzusetzen.
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies den Fall an das FG zurück. Dieses muss die erforderlichen Feststellungen zu den Buchwerten der übernommenen Wirtschaftsgüter, zum Kapitalkonto der A im Zeitpunkt des Ausscheidens und zu den Veräußerungskosten treffen.
Hinweis
Für die Aufgabe des engen Realteilungsbegriffs spricht insbesondere der Zweck dieses Rechtsinstituts, sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge steuerlich nicht zu belasten, solange die Erfassung der stillen Reserven sichergestellt ist. Eine Mitunternehmerschaft kann aber nicht nur durch ihre vollständige Auflösung, sondern auch durch das Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Mitnahme eines Teilbetriebs sinnvoll umstrukturiert werden. Dieser Rechtsprechungsänderung haben im Übrigen die anderen mit der Materie betroffenen BFH-Senate zugestimmt.
Der Y-Niederlassung wurden anlässlich des Ausscheidens der A liquide Mittel zugeführt. Der BFH sieht insoweit keinen Veräußerungserlös. Geld und Forderungen können im Zuge einer Realteilung den Gesellschaftern frei zugeordnet werden. Offen gelassen hat der BFH, ob das auch gilt, wenn kurz vor dem Ausscheiden Einlagen geleistet oder Darlehen aufgenommen werden und diese Mittel dann dem Teilbetrieb des Ausscheidenden zugeordnet werden.
Das FA hatte der Sozietät eine verbindliche Auskunft über die steuerlichen Folgen einer Realteilung erteilt. Eine verbindliche Zusage entfaltet jedoch ihre Bindungswirkung nur zugunsten, nicht zulasten des Steuerpflichtigen. Betrifft sie mehrere Steuerpflichtige (wie bei einer einheitlichen und gesonderten Feststellung einer Mitunternehmerschaft), müssen sich daher alle Feststellungsbeteiligten einvernehmlich auf sie berufen. Daran fehlte es im Streitfall. Ob dabei ein Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht vorliegt, ist unerheblich.
BFH, Urteil v. 17.9.2015, III R 49/13, veröffentlicht am 17.2.2016
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