Buchwertfortführung bei Sachwertabfindung
Hintergrund: Abfindung gegen Einzelwirtschaftsgüter
K war an der X-KG (GmbH u. Co.KG) als Kommanditist beteiligt. In 2002 wurde die Z-KG mit K als alleinigem Kommanditisten und der P-GmbH als Komplementärin ohne Kapitalbeteiligung gegründet. K war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der P-GmbH. Seine Kommanditeinlage an der Z-KG hatte K durch Einbringung seines Kommanditanteils an der X-KG (und im Übrigen in bar) zu leisten. Zum 31.12.2001 sollte K seine im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen an zwei ausländischen Kapitalgesellschaften zu Buchwerten in die X-KG einlegen. Zum 1.1.2003 sollte die Beteiligung an der X-KG auf die Z-KG übergehen. Anschließend sollte die Z-KG als neue Gesellschafterin der X-KG ihren Austritt aus der X-KG erklären. In diesem Zusammenhang sollte sie einen – nicht als Teilbetrieb organisierten – Geschäftsbereich der X-KG übernehmen und fortführen. Die zu diesem Geschäftsbereich gehörenden Wirtschaftsgüter sollte die Z-KG zu den Buchwerten der X-KG zum 1.1.2003 übernehmen. Das angepasste Kapitalkonto der Z-KG sowie deren Darlehenskonto sollten von den verbleibenden Gesellschaftern der X-KG übernommen werden. Ausgleichszahlungen sollten nicht zu leisten sein, da der Wert des Mitunternehmeranteils des K an der K-KG dem Wert des Geschäftsbereichs entspreche.
Die X-KG und die Z-KG behandelten die im Gesellschafterbeschluss vereinbarten Schritte jeweils steuerneutral zu Buchwerten. Das FA ging dagegen davon aus, die Umstrukturierungen seien wirtschaftlich als das Ausscheiden des K aus der X-KG gegen Sachwertabfindung mit Spitzenausgleich im Wege eines Tauschs zu würdigen. K habe seine Auslandsbeteiligungen hingegeben, um den Geschäftsbereich zu erhalten und diesen in die Z-KG einzubringen. Das FG gab der Klage der X-KG gegen den entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheid mit der Begründung statt, die Grundsätze zur steuerneutralen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern seien entsprechend auf die Übertragung auf eine Ein-Mann-GmbH u. Co.KG des Ausscheidenden anzuwenden.
Entscheidung: Begünstigte Abfindung mit Einzelwirtschaftsgütern
Der BFH wies die Revision des FA zurück. Allerdings sind – entgegen der Auffassung des FA und des FG – die bei der Umstrukturierung vorgenommenen Übertragungen, auch wenn sie in engem Zusammenhang stehen, nicht als Einheit, sondern jeweils für sich zu betrachten:
1. Die Übertragung der KG-Anteile auf die Z-KG führte nicht zu einem Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils des K. Denn K erhielt von der Z-KG ausschließlich Gutschriften i. H. d. Buchwerts seines Kapitalkontos. Der Vorgang wurde steuerneutral durchgeführt, indem die Z-G KG die Buchwerte des K fortführte und ihm keine über die Gewährung von Gesellschaftsrechten hinausgehende Gegenleistung gewährte (§ 24 Abs. 2 UmwStG).
2. Das Ausscheiden der Z-KG aus der X-KG führte ebenfalls nicht zu einem Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils. Der BFH verweist dazu auf das Urteil v. 17.9.2015, III R 49/13 (BStBl II 2017, 37; Haufe Index 9056993). Danach ist das Ausscheiden gegen eine aus einem Teilbetrieb bestehende Abfindung nicht als Veräußerung, sondern als Aufgabe des Mitunternehmeranteils anzusehen und als Realteilung zu behandeln. In diesem Urteil hat der BFH ausdrücklich offen gelassen, ob diese Grundsätze auch auf das Ausscheiden gegen Mitnahme von Einzelwirtschaftsgütern übertragen werden können. Diese Frage bejaht der BFH nunmehr. Nicht nur bei Sachwertabfindungen mit Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen, sondern in allen Fällen einer Sachwertabfindung ist das Ausscheiden des Mitunternehmers als Aufgabe seines Mitunternehmeranteils zu behandeln. Auf alle Fälle einer solchen Aufgabe sind die Regelungen der Realteilung anzuwenden. Im Streitfall sind demnach die Voraussetzungen für ein ergebnisneutrales Ausscheiden der Z-KG aus der K-KG erfüllt.
3. Auch aus der Übertragung der Auslandsbeteiligungen des K auf die X-KG in 2002 ergeben sich keine gewinnerhöhenden Folgerungen. Eine eventuelle Verletzung der Sperrfrist mit der Folge der rückwirkenden Übertragung nicht zum Buchwert, sondern zum Teilwert hätte zur Folge, dass nachträglich ein Gewinn im Übertragungsjahr 2002 entsteht. Im Folgejahr (Streitjahr 2003) kommt es nicht zu einer Gewinnerhöhung.
Hinweis: Abweichung von der BMF-Auffassung
Der BFH wendet sich ausdrücklich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung in dem Schreiben v. 20.12.2016 (BStBl 1 2017, 36; Haufe Index 10158458). Danach soll die Gewinnneutralität nur zustehen, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhält. Der BFH ermöglicht nunmehr darüber hinaus ein gewinnneutrales Ausscheiden in allen Fällen der Sachwertabfindung. Beim Ausscheiden aus der fortbestehenden Gesellschaft gegen Abfindung mit Gesellschaftsvermögen spricht der BFH von einer "unechten Realteilung".
Gegen dieses Ergebnis spricht für den Streitfall nicht, dass die Übertragungsvorgänge auf einem einheitlichen Plan beruhten und in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang durchgeführt wurden. § 24 Abs. 2, 3 UmwStG sowie § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG verfolgen den Zweck, Umstrukturierungen von Personenunternehmen zu erleichtern. Soweit sich dabei ein Anteil an den stillen Reserven von einem Mitunternehmer auf einen anderen Mitunternehmer verlagert, wird dies vom Gesetz ausdrücklich in Kauf genommen. Soweit in bestimmten Fällen die Verlagerung im Ergebnis nicht ermöglicht wird, handelt es sich um Ausnahmeregelungen, die eine weitergehende Beschränkung des Buchwertansatzes nicht rechtfertigen. Die Kumulation der Übertragungen zum Buchwert im Streitfall führt nicht zu einem dem Gesetzeszweck widersprechenden Ergebnis. Zweckwidrigen Übertragungen wird durch die Sperrfristregelung in § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG entgegengewirkt.
BFH, Urteil v. 30.3.2017, IV R 11/15, veröffentlicht am 21.6.2017
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