Keine Hamburger Zweitwohnungsteuer bei beruflicher Nebenwohnung eines Verheirateten
Hintergrund
Der verheiratete X war bis Anfang 2011 mit Hauptwohnsitz in Hamburg gemeldet, wo er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt/Geschäftsführer überwiegend ausübte. Später verlegte er seinen Hauptwohnsitz an den Wohnort seiner Ehefrau (Köln), die dort gewerblich tätig ist. Zum 25.5.2011 meldete er in Hamburg einen Nebenwohnsitz an. Die Nebenwohnung nutzte er nur an zwei bis drei Tagen in der Woche. Die wöchentliche Arbeitszeit in Hamburg betrug etwa 15 Stunden. Zum 15.5.2012 beendete er das Mietverhältnis für die Nebenwohnung.
Das FA setzte nach dem Hamburgischen Zweitwohnungsteuergesetz (HmbZWStG) gegen X für 2011/2012 Zweitwohnungsteuer für das Innehaben der Nebenwohnung an, da X die Wohnung nur sporadisch und damit nicht überwiegend beruflich genutzt habe. Ebenso entschied das FG und wies die Klage des X ab.
Entscheidung
Der BFH vertritt eine großzügigere Auffassung. Auf die Revision des X hob er das FG-Urteil und den Zweitwohnungsteuer-Bescheid auf.
Eine steuerpflichtige Zweitwohnung ist jede Wohnung, die dem Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung i. S. des Bundesmeldegesetzes dient (§ 2 Abs. 1 HmbZWStG). Das gilt nicht für Wohnungen, die eine verheiratete (oder in Lebenspartnerschaft lebende) nicht dauernd getrennt lebende Person aus überwiegend beruflichen Gründen innehat (§ 2 Abs. 5 Buchst c HmbZWStG).
Nach dem Wortlaut dieser Regelung hängt die Steuerbegünstigung nicht davon ab, dass die Nebenwohnung in Hamburg von dem dort gemeldeten Ehepartner überwiegend genutzt wird. Vorausgesetzt ist nur, dass der Ehepartner die Wohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehat. Ein bestimmter zeitlicher Umfang der Nutzung ist nicht vorgeschrieben. Der Begriff "überwiegend" bezieht sich ausschließlich auf die beruflichen Gründe, die für das innehaben der Nebenwohnung maßgebend sein müssen.
Die Vorschrift ist - abweichend von der Auffassung des FG - nicht entgegen dem Wortlaut einschränkend dahin auszulegen, dass die Steuerbegünstigung von einer vorwiegenden Nutzung der Nebenwohnung durch den dort gemeldeten Partner abhängig ist. Der BFH verneint eine gleichheitswidrige Begünstigung gegenüber unverheirateten Personen. Die Differenzierung zwischen den beiden Personengruppen ist gerechtfertigt. Denn Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Kommen Eheleute dieser Verpflichtung nach und nutzt ein Ehegatte die aus beruflichen Gründen gehaltene Nebenwohnung nicht vorwiegend, träte bei einer wortlauteinschränkenden Auslegung des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG eine Belastung mit Zweitwohnungsteuer ein. Diese Belastung würde nur dann entfallen, wenn der Ehegatte die Nebenwohnung vorwiegend nutzt und damit seine Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft verletzt, obwohl ihm tatsächlich eine Erfüllung möglich wäre. Dem Gesetzgeber ist es daher nicht verwehrt, bei der Zweitwohnungsteuer die besondere Situation von Ehegatten zu berücksichtigen und das Innehaben einer Erwerbszweitwohnung nicht mit Steuer zu belasten, selbst wenn der dort gemeldete Ehegatte diese nicht vorwiegend nutzt.
Hinweis
Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum, und zwar sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstands als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Hiervon ausgehend rechtfertigen die aus der ehelichen Lebensgemeinschaft resultierenden Verpflichtungen eine Ungleichbehandlung gegenüber unverheirateten Personen.
Wichtig erscheint der Hinweis des BFH, dass im Streitfall offen bleiben kann, ob für eine aus beruflichen Gründen gehaltene Nebenwohnung überhaupt Zweitwohnungsteuer erhoben werden kann. Denn eine Aufwandsteuer kann grundsätzlich nicht für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben werden, die nicht der Einkommensverwendung, sondern der Einkommenserzielung dienen. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass bei einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Nebenwohnung die eventuell gezahlte Zweitwohnungsteuer im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als Abzugsposten in Betracht kommt, sodass sich die Belastung entsprechend der Progression abmildert.
BFH, Urteil v. 30.9.2015, II R 13/14, veröffentlicht am 9.12.2015
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