Hinzurechnungsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz ernstlich zweifelhaft
Der in Deutschland wohnende Antragsteller hielt Anteile an einer schweizerischen AG, deren Geschäftsführer er auch war. Die AG betrieb in der Schweiz ein Maklerbüro, das sich mit dem An- und Verkauf, der Vermittlung und der Vermietung von Geschäftsimmobilien in Fußgängerzonen befasste. Das Finanzamt sah die AG als sog. Zwischengesellschaft an und rechnete deren Einkünfte dem Antragsteller persönlich zu. Den Gegenbeweis des Antragstellers, dass die AG in der Schweiz einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachging (sog. Motivtest), ließ das Finanzamt nicht zu. Auch Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Steuerforderung wollte das Finanzamt für die Dauer des Einspruchsverfahrens nicht gewähren.
Diese Verfahrensweise hält der 3. Senat für problematisch. Die Vereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung mit den einschlägigen EU-Grundfreiheiten sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. Soweit es um die Kapitalverkehrsfreiheit mit der Schweiz gehe, sei dazu vor dem BFH ein Revisionsverfahren anhängig (Az. des BFH: I R 78/14; Vorinstanz: Finanzgericht Münster, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 K 618/11 F), bis zu dessen Abschluss das Einspruchsverfahren des Antragstellers ruhen könne. Außerdem sei im Verhältnis zur Schweiz das 2002 in Kraft getretene Freizügigkeitsabkommen zu beachten, zu dessen Bedeutung für das Steuerrecht bislang nur wenige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ergangen seien. Nach Auffassung des Senats ist daher eine Vorlage der streitigen Rechtsfrage an den EuGH in Betracht zu ziehen.
Mit dieser Begründung hat das Finanzgericht die auf die Hinzurechnungsbesteuerung entfallende Einkommensteuer des Antragstellers von der Vollziehung ausgesetzt. Die dagegen zugelassene Beschwerde zum BFH hat die Finanzverwaltung nicht eingelegt.
FG Baden-Württemberg, Beschluss v. 12.8.2015, 3 V 4193/13, Haufe Index 8515794
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