Investitionsabzugsbetrag bei fehlendem Finanzierungszusammenhang

Für den Investitionsabzugsbetrag ist seit dem UntStRefG 2008 ein Finanzierungszusammenhang nicht mehr erforderlich (Änderung der Rechtslage).

Hintergrund

Eine in 2011 durchgeführte Betriebsprüfung bei dem Taxiunternehmer T führte zu Gewinnerhöhungen von rund 19.000 EUR. T hatte bereits in 2010 ein weiteres Fahrzeug für rund 27.000 EUR angeschafft. Im Hinblick auf diese Anschaffung beantragte er nachträglich für 2008 einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) über 10.800 EUR. Das FA lehnte den Antrag mit der Begründung ab, es fehle der erforderliche Finanzierungszusammenhang. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos. T habe die Investitionsabsicht nicht hinreichend dargelegt. 

Entscheidung

Anzuwenden ist § 7g EStG in der für 2007-2015 geltenden Fassung nach dem UntStRefG 2008. Danach ist mit der in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG enthaltenen Formulierung "beabsichtigt" die Investitionsabsicht Teil des gesetzlichen Tatbestands. Es handelt sich um eine der wesentlichen Neuerungen des § 7g EStG durch das UntStRefG. Die Investitionsabsicht muss sich auf den Gewinnermittlungsstichtag und den gesamten Investitionszeitraum beziehen. Der Unternehmer trägt dafür die Darlegungs- und Feststellungslast. Dabei lässt der Zeitpunkt, zu dem eine Investition vorgenommen wird, für sich genommen regelmäßig keine Rückschlüsse auf das Vorlegen oder Fehlen der Investitionsabsicht zu. So hat es der BFH bereits für § 7g a.F. nicht beanstandet, wenn die die Rücklage enthaltende Bilanz erst nach der Investition aufgestellt wurde und damit die Rücklage erst nach Durchführung der Investition beantragt wurde. Ebenso wenig muss der IAB bereits bei erstmaliger Einreichung der Steuererklärung geltend gemacht werden. Bereits zu der früheren Fassung hatte es der BFH zugelassen, wenn die Rücklage später zum Zweck der Bescheidänderung gebildet wurde, etwa durch gegenläufige Bilanzänderung im Rahmen einer Bilanzberichtigung oder nach einer BP zur Abwendung drohender Mehrergebnisse. 

Soweit das BMF darüber hinausgehende zwingende Anforderungen an die Investitionsabsicht stellt, folgt dem der BFH nicht. Das BMF hat im Schreiben v. 20.11.2013, IV C 6-S 2139-b/07/10002, 213/1044077, BStBl I 2013, 1493, die zu § 7g EStG a.F. entwickelten Grundsätze zum Finanzierungszusammenhang in das neue Tatbestandsmerkmal der Investitionsabsicht hineininterpretiert. Das betrifft zum einen Fälle, in denen bei Geltendmachung der Ansparabschreibung die Investition wegen beschlossener oder durchgeführter Betriebsaufgabe/-veräußerung oder wegen Ablaufs des Investitionszeitraums nicht mehr durchführbar war. Zum anderen betrifft dies Fälle, in denen die Entscheidung für die Bildung der Rücklage nach durchgeführter Investition nicht im Hinblick auf die Finanzierungserleichterung getroffen wurde. Das wird nach dem BMF typisierend und unwiderleglich vermutet, wenn die Rücklage später als drei Jahre (nach BFH zwei Jahre) nach der Investition geltend gemacht wird. Ferner wird dies auch dann angenommen, wenn die Entscheidung für die Rücklagenbildung von nach dem Anschaffungszeitpunkt entstandenen und nicht investitionsbezogenen Gründen getragen ist, z.B. zum Ausgleich nachträglicher Einkommenserhöhungen (BMF-Schreiben a.a.O.). Der BFH widerspricht der Auffassung des BMF. Von einer Zeitdifferenz zwischen Investition und Geltendmachung des IAB oder von einem Kompensationsdruck kann nicht auf eine fehlende Investitionsabsicht geschlossen werden. Diese Umstünde können lediglich Anlass sein, die Investitionsabsicht genauer zu prüfen bzw. vom Unternehmer die zusätzliche Darlegung zu fordern, warum er den Abzugsbetrag nicht bereits in der ursprünglichen Gewinnermittlung geltend gemacht hat. 

An dem durch die Rechtsprechung zu § 7g EStG a.F. entwickelten Ausschlusskriterium des fehlenden Finanzierungszusammenhangs hält der BFH zu § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG nicht mehr fest. Denn bereits das neu geschaffene Tatbestandsmerkmal der Investitionsabsicht vermeidet die Geltendmachung von IAB quasi "ins Blaue hinein". Insbesondere gewährleistet der geänderte Korrekturmechanismus bei ausgebliebener Investition durch die Rückgängigmachung des Abzugs im Abzugsjahr, dass es viele potentielle Missbrauchsfälle praktisch nicht mehr gibt. 

Da hiervon ausgehend nicht feststeht, ob T im Streitjahr die erforderliche Investitionsabsicht hatte, wies der BFH die Sache an das FG zurück. 

Hinweis

In einem Parallelfall hat der BFH im Wesentlichen inhaltsgleich entschieden (Urteil v. 6.4.2016, X R 28/14). Nach der Neufassung des § 7g EStG durch das StÄndG 2015 ab 2016 ist das Merkmal der Investitionsabsicht entfallen. Außerdem ist es nicht mehr erforderlich, jedes Wirtschaftsgut nach seiner Funktion zu benennen. Damit ist eine erhebliche Vereinfachung erreicht. Fraglich kann allerdings sein, ob - trotz der klaren Absicht der Gesetzesbegründung - in Ausnahmefällen gleichwohl weiterhin eine Investitionsabsicht gefordert werden kann. Dafür könnte der Gesetzeswortlaut sprechen, der wie bisher von einer "künftigen Anschaffung oder Herstellung" ausgeht (§ 7g Abs. 1 EStG a.F. und n.F.).

BFH, Urteil v. 6.4.2016, X R 15/14, veröffentlicht am 26.10.2016

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