Lohnsteuerpauschalierung beim Jobticket
Hintergrund
Der Arbeitgeber A schloss mit dem Verkehrsverbund V eine Vereinbarung über die Ausgabe von Jobtickets. In 2005 zahlte er für rund 5.000 Arbeitnehmer monatlich einen Grundbetrag (rund 6 EUR je Mitarbeiter) an V. Jeder Mitarbeiter erhielt dadurch das Recht, gegen einen monatlichen Eigenanteil ein Jobticket als ermäßigte Jahreskarte zu erwerben.
Bei einer LSt-Außenprüfung in 2007 stellte das FA fest, dass A die an V entrichteten Grundbeträge nicht dem LSt-Abzug unterworfen hatte. Es nahm einen geldwerten Vorteil in Höhe von 73,62 EUR (12 Monate x 6,135 EUR) je Arbeitnehmer an, der nicht monatlich, sondern - weil es sich um Jahreskarten handelte - sofort und in vollem Umfang zugeflossen sei. Die monatliche 44 EUR-Freigrenze für Sachbezüge war daher überschritten. Das FA nahm A durch Haftungsbescheid in Anspruch. Eine nachträgliche Pauschalierung der LSt nach § 40 Abs. 2 EStG mit 15 % könne nicht rückwirkend vorgenommen werden. Für die Nachforderung sei daher der nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG ermittelte Bruttosteuersatz von 30,10 % anzuwenden.
Die Klage gegen den Haftungsbescheid wurde vom FG abgewiesen. Auf die dagegen erhobene Revision wurde das FG-Urteil aufgehoben und die Sache zur genaueren Feststellung des geldwerten Vorteils an das FG zurückverwiesen. Im weiteren Verfahren vor dem FG schlossen die Beteiligten eine tatsächliche Verständigung über den zu besteuernden geldwerten Vorteil (rund 210.000 EUR). Dabei bestand das FA weiterhin auf der Zugrundelegung des Steuersatzes von 30,10 %. Darauf beantragte A erstmals die Anwendung der Pauschalierung mit 15 %. Das FG wies die Klage im Streitpunkt ab. Das Pauschalierungswahlrecht könne nicht nachträglich ausgeübt werden.
Entscheidung
Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des A durch Haftungsbescheid nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG sind erfüllt sind. Denn den Arbeitnehmern ist mit dem Erwerb der Jahreskarten einmalig ein geldwerter Sachbezug zugeflossen und A ist insoweit seiner Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der LSt nicht nachgekommen. Über die Höhe des geldwerten Vorteils und über den auf die Bemessungsgrundlage der Haftungsschuld anzuwendenden Bruttosteuersatz bestand kein Streit.
Entgegen der Auffassung des A steht dem Haftungsbescheid die Pauschalierungsregelung in § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht entgegen. Danach kann der Arbeitgeber die LSt mit dem Pauschsteuersatz von 15 % für Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erheben (in Höhe der Beträge, die der Arbeitnehmer als Werbungskosten absetzen könnte). Für diese Pauschalierung ist ein Antrag oder eine Genehmigung durch das FA nicht erforderlich. Das Wahlrecht wird durch die Anmeldung der mit einem Paussteuersatz erhobenen LSt ausgeübt.
Die kostenlose oder verbilligte Abgabe von Jobtickets wird zwar grundsätzlich von der Pauschalierungsregelung erfasst. Im Streitfall kommt sie aber deshalb nicht zur Anwendung, weil A für den geldwerten Vorteil nicht in einer LSt-Anmeldung pauschale LSt erhoben hat. Der erst im Klageverfahren gestellt Pauschalierungsantrag geht ins Leere. Denn zum einen ist ein entsprechender Antrag gesetzlich nicht vorgesehen. Zum anderen kann ein solcher Antrag als bloße Absichtserklärung die nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG erforderliche Erhebung der pauschalen LSt in der LSt-Anmeldung weder ersetzen noch das Pauschalierungsverfahren in Gang zu setzen. Da A somit sein Pauschalierungswahlrecht nicht ausgeübt hat, konnte die Pauschalierung nicht zur Anwendung kommen. Der BFH hat daher das FG-Urteil bestätigt und die Revision des A zurückgewiesen.
Hinweis
Der BFH betont, dass für die Pauschalierungsmöglichkeiten nach § 40 Abs. 2 EStG kein Antrag erforderlich ist und dass die Pauschalierungen ohne Genehmigung des FA zulässig sind. Das Wahlrecht zur Pauschalierung wird allein durch die Anmeldung der mit dem Pauschsteuersatz erhobenen LSt ausgeübt. Dementsprechend kann in diesen Fällen bei einer Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid nicht nachträglich die Pauschalierung eingewandt werden. Der BFH lässt ausdrücklich offen, ob an der Rechtsprechung zu § 40 Abs. 1 und § 40a EStG, nach der ein erstmals im Klageverfahren ausgeübtes Pauschalierungswahlrecht gegenüber einem Haftungsbescheid geltend gemacht werden kann, festzuhalten ist. Denn für die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung maßgeblich. Im Sinne einer im Ergebnis zutreffenden Steuerfestsetzung sollte allerdings dem Arbeitgeber nach Möglichkeit die Geltendmachung der Pauschalierung - auch nachträglich - nicht zu sehr erschwert werden.
BFH, Urteil v. 24.9.2015, VI R 69/14, veröffentlicht am 2.12.2015
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