Öffnungsklausel bei der Besteuerung einer Leibrente
Analoge Anwendung der Öffnungsklausel beantragt
Streitig war die Höhe des der Besteuerung unterliegenden Anteils der gesetzlichen Rente des Steuerpflichtigen. Dieser war als Steuerberater selbstständig tätig, seine Ehefrau arbeitete als Buchhalterin. Ab dem 1.7.2011 erhielt der Steuerpflichtige Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 5.324 EUR. Im Anschreiben zur Einkommensteuererklärung 2011 beantragte er hierfür die analoge Anwendung der Öffnungsklausel nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG. Dies solle eine Doppelbesteuerung vermeiden, da in der Zeit der selbstständigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen keine steuerfreien Arbeitgeberbeiträge geleistet wurden und sich ein Sonderausgabenabzug infolge der übrigen Vorsorgeaufwendungen nicht auswirken konnte.
Bei der Veranlagung berücksichtigte das Finanzamt die Öffnungsklausel jedoch nicht, sondern besteuerte die Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit einem Besteuerungsanteil von 62 %. Hiergegen erhob der Steuerpflichtige Einspruch und stellte den Antrag, einen Anteil von 54,71 % der Leibrente aus gesetzlicher Rentenversicherung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG mit einem Ertragsanteil von 18 % zu versteuern.
FG verneint Voraussetzungen
Das Finanzgericht entschied, dass die Leibrente des Steuerpflichtigen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu Recht nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit einem Anteil von 62 % der Besteuerung unterworfen worden ist. Die vom Steuerpflichtigen beantragte Öffnungsklausel (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG) kam nicht zur Anwendung. Nach dieser Regelung erfolgt die Besteuerung mit dem Ertragsanteil, soweit diese auf bis zum 31.12.2004 geleisteten Beträgen beruht, welche oberhalb des Betrages des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Der Steuerpflichtige muss in diesem Fall nachweisen, dass der Betrag des Höchstbeitrags mindestens 10 Jahre überschritten wurde. Im Streitfall lagen die Voraussetzungen für die Anwendung der Öffnungsklausel nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht vor. Der Steuerpflichtige hatte somit nicht nachgewiesen, dass der Betrag des Höchstbeitrags mindestens 10 Jahre überschritten wurde.
Keine gesesetzliche Definition
Der Begriff „Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung” wird zwar im Gesetz nicht definiert. Der Gesetzgeber ging jedoch eindeutig davon aus, dass damit für Mitglieder der knappschaftlichen Rentenversicherung deren Höchstbeitrag und für die übrigen Versicherten der Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten gemeint ist. Dabei unterschied er nicht zwischen Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten. Vielmehr wollte man gerade die seltenen Fälle erfassen, in denen Versicherungsbeiträge deutlich über den für die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Beiträgen gezahlt wurden und in denen die Steuerpflichtigen wegen der bereits ausgeschöpften Höchstbeträge nicht mehr vom Sonderausgabenabzug profitieren konnten.
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 29.9.2015, 5 K 1075/13, Haufe Index 9157710
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