Rückstellung für künftige Wartungsaufwendungen
Hintergrund: Rückstellung für die Wartung geleaster Flugzeuge
Streitig war, ob für die Wartung geleaster Flugzeuge Rückstellungen gebildet werden können und ob Zahlungen an die Leasinggeber in eine dort geführte Wartungsrücklage durch Aktivierung einer Forderung zu kompensieren sind. X ist Organträgerin einer GmbH. Beide Gesellschaften betreiben den Luftverkehr mit geleasten Flugzeugen. Nach der LuftBO (Betriebsordnung für Luftgerät) waren/sind sie verpflichtet, nach Erreichen einer Anzahl von Betriebsstunden das jeweilige Flugzeug zu warten. Außerdem waren sie auch nach den Leasingverträgen verpflichtet, nach Ablauf festgelegter Intervalle die vorgeschriebenen Wartungen durchzuführen. Dafür hatten sie an die Leasinggeber entweder Zahlungen in Höhe der voraussichtlichen Instandhaltungskosten in die Wartungsrücklage zu leisten oder eine Bankbürgschaft zu stellen, um für den Fall der Zahlungsunfähigkeit die Kosten der künftigen Wartung sicherzustellen.
Nach Durchführung der jeweiligen Wartung war die Wartungsrücklage in Höhe des (niedrigeren) Betrags der tatsächlich angefallenen Kosten zurückzuerstatten. Ein etwaiger Überschuss verblieb beim Leasinggeber. Bei Beendigung eines Leasingvertrags vor Durchführung einer Wartung wurde die Wartungsverpflichtung dadurch erfüllt, dass der Leasinggeber die gezahlten Wartungsrücklagenbeträge vereinnahmte oder die Bankbürgschaft in Anspruch nahm. Ein Anspruch auf Rückerstattung der Wartungsrücklagen oder auf den Verzicht der Bankbürgschaft bestand in diesem Fall nicht. X machte von der Möglichkeit einer Bankbürgschaft Gebrauch und bildete zum 31.12.2005 mit Rücksicht auf die bereits abgelaufenen Betriebszeiten eine Wartungsrückstellung.
Das FA versagte die Rückstellung, da die künftige Wartungsverpflichtung am Bilanzstichtag noch nicht wirtschaftlich verursacht sei. Die GmbH stellte keine Bürgschaften, sondern leistete entsprechende Zahlungen in die Wartungsrücklage. Sie erfasste die Zahlungen als laufenden Aufwand und die Rückerstattungsbeträge als Ertrag. Das FA ging dagegen davon aus, die Zahlungen in die Wartungsrücklage seien als Forderung (Kaution) zu aktivieren. Das FG gab der Klage insoweit statt, als das FA eine Forderung auf Auszahlung der Wartungsrücklage aktiviert hatte.
Entscheidung: Rückstellung aus privatrechtlicher, nicht öffentlich-rechtlicher Verpflichtung
X durfte keine Rückstellung aus öffentlich-rechtlicher Verpflichtung bilden. Sie war zwar als Halterin der Flugzeuge nach der LuftBO - also öffentlich-rechtlich - zur Wartung verpflichtet. Die Wartungsverpflichtung ist indes wirtschaftlich nicht in der Vergangenheit verursacht, da die Überholungsverpflichtung an das Erreichen der zulässigen Betriebszeit anknüpft. Vor Erreichen der zulässigen Betriebszeit kann nicht von einer wesentlichen Verursachung der Verbindlichkeit gesprochen werden. Es besteht jedoch aufgrund der Leasingverträge eine zivilrechtliche ungewisse Verbindlichkeit der X, für die eine Rückstellung zu bilden ist. Denn bei Beendigung des Leasingvertrags bestand kein Anspruch der X auf Rückerstattung der gezahlten Wartungsrücklagen-Garantiebeträge oder auf einen Verzicht auf die Inanspruchnahme aus der Bankbürgschaft.
X blieb daher stets mit den vereinbarten Wartungsrücklagen-Garantiebeträgen belastet. Dieser Verpflichtung konnte sie sich - anders als im Bereich der öffentlich-rechtlichen Wartungsverpflichtung - nicht durch Einstellung des Flugbetriebs entziehen. Denn auch bei Beendigung des Leasingvertrags vor Durchführung der nächsten fälligen Wartung hatte sie die vertraglich vereinbarte Wartungsverpflichtung zu tragen. Anders als im öffentlich-rechtlichen Bereich, in dem für den Fall der Einstellung des Flugbetriebs keine Wartung aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben ist, will der Leasinggeber die Wertminderung des Flugzeugs ausgleichen, indem er den Leasingnehmer zu einer betriebszeitabhängigen Übernahme der Wartungskosten verpflichtet. Die durch den Flugbetrieb entstehende Wertminderung in Höhe der betriebszeitabhängig berechneten monatlichen Einzelbeträge ist wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht. Denn die Belastung zum Bilanzstichtag würde auch bestehen, wenn der Flugbetrieb eingestellt worden wäre.
X als Organträgerin war das Einkommen der GmbH als Organgesellschaft zuzurechnen. Die von der GmbH geleisteten Zahlungen in die bei den Leasinggebern geführte Wartungsrücklage stellen Betriebsausgaben dar. Es kann dahinstehen, ob hinsichtlich der Verpflichtung der Leasinggeber, nach erfolgter Wartung die Wartungskosten zu erstatten, bei der GmbH eine Forderung zu aktivieren war. Denn selbst wenn eine entsprechende Forderung auszuweisen wäre, so wäre - entsprechend der Behandlung für X - die für die GmbH vertraglich bestehende Verpflichtung zur Zahlung der auf die Werterhaltung gerichteten Wartungsrücklagen-Garantiebeträge durch Ausweis einer Rückstellung zu passivieren.
Hinweis: Bildung einer Rückstellung bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen
Beruht eine Verbindlichkeit auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften (hier LuftBO) erfordert die Rückstellungsbildung eine Konkretisierung in dem Sinne, dass sie inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen und sanktionsbewehrt ist. Ist die Verpflichtung nicht nur der Höhe nach ungewiss, sondern auch dem Grunde nach noch nicht rechtlich entstanden, kann eine Rückstellung nur gebildet werden, wenn sie wirtschaftlich in den bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren verursacht ist (BFH, Urteil v. 6.2.2013, I R 8/12, Haufe Index 3721613, BStBl 2013 II S. 686).
Die Erfüllung der Verpflichtung muss nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten. Das ist bei der Wartungsverpflichtung nach der LuftBO nicht der Fall. Denn bis zur Erreichung der zulässigen Betriebszeiten entspricht der Betrieb den luftfahrttechnischen Bestimmungen. Erst wenn der Betrieb über diesen Zeitraum hinaus fortgesetzt werden soll, muss der Halter die vorgeschriebenen Kontrollen durchführen. Die Erfüllung der Verpflichtung legitimiert somit nicht den Betrieb in der Vergangenheit, sondern ermöglicht ihn in der Zukunft. Die Verpflichtung entsteht erst in der Zukunft. Dass die Voraussetzungen in der Vergangenheit entstehen, ist Anlass, aber nicht Ursache der zukunftsgerichteten Überprüfung.
BFH, Urteil v. 9.11.2016, I R 43/15, veröffentlicht am 15.3.2017
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