Spende an eine sog. Vorstiftung keine Sonderausgabe
Hintergrund
Streitig war, ob die Zuwendung in einen Vermögensstock als Spende abziehbar ist.
In einem Stiftungsgeschäft vom 20.11.2007 verpflichteten sich A und ihre Schwester, noch in 2007 jeweils 300.000 EUR in das Stiftungskapital der zu errichtenden Stiftung zu zahlen. Am selben Tag gaben sie der Stiftung die Satzung, die mit Bekanntgabe der "Genehmigung" durch die Stiftungsbehörde in Kraft treten sollte. Am 28.11.2007 gingen die Urkunden über die Satzung und das Stiftungsgeschäft beim FA S-Kö mit der Bitte um beschleunigte Prüfung ein. Mit gleicher Post wurde bei der Stiftungsbehörde (Regierungspräsidium) die Anerkennung der Stiftung beantragt. Aufgrund von Anregungen des FA S-Kö reichte A am 6.12.2007 eine geänderte Satzung ein. Das FA S-Kö erließ am 7.12.2007 eine vorläufige Bescheinigung, wonach die Satzung den Gemeinnützigkeitsgrundsätzen entspreche. Am 9.12.2007 legte A diese Bescheinigung, das geänderte Stiftungsgeschäft sowie die geänderte Satzung dem Regierungspräsidium vor.
Am 21.12.2007 wollte sich A beim Regierungspräsidium nach dem Sachstand erkundigen und auf Erledigung drängen. Dort war jedoch niemand erreichbar. Erst mit Bescheid vom 17.1.2008 erkannte das Regierungspräsidium die Stiftung an. Wegen Arbeitsüberlastung sei eine frühere Anerkennung nicht möglich gewesen.
Bereits am 21.11.2007 - vor Eingang der Urkunden und der Satzung beim FA S-Kö und dem Regierungspräsidium - hatten A und ihre Schwester jeweils 300.000 EUR auf das auf den Namen der Stiftung lautende Girokonto überwiesen. Der Betrag wurde m 29.11.2007 gutgeschrieben. Über das Konto war ausschließlich der Stiftungsvorstand (dem die Schwestern nicht angehörten) verfügungsbefugt. Die Stiftung stellte am 4.12.2007 für A eine Spendenbescheinigung aus.
A beantragte für 2007, von der Zuwendung einen Betrag von 230.000 EUR zu berücksichtigen. Das FA lehnte einen Spendenabzug ab, da die Stiftung erst durch die Anerkennung in 2008 entstanden sei. Ebenso entschied das FG und wies die Klage ab.
Entscheidung
Unstreitig lag in 2007 keine Zuwendung an eine rechtsfähige Stiftung vor. Denn eine rechtsfähige Stiftung entsteht erst durch Anerkennung der zuständigen Behörde. Die Anerkennung erfolgte aber erst im Januar 2008.
Allerdings sind auch Spenden an eine nicht rechtsfähige Stiftung als Sonderausgaben abziehbar. Die Errichtung einer nicht rechtsfähigen (unselbständigen) Stiftung setzt jedoch voraus, dass der Stifter einen Rechtsträger verpflichtet, die ihm zunächst übertragenen Vermögenswerte vorübergehend zu verwalten und nach der Anerkennung der rechtsfähigen (selbständigen) Stiftung auf diese zu übertragen. Daran fehlt es hier. Denn die Schwestern hatten weder einen gegenseitigen Vertrag über die Errichtung einer nicht rechtsfähigen Stiftung mit einem Dritten geschlossen noch hatten sie Vermögen (die "Spende") auf diesen übertragen. Das hätte eine Einigung zwischen den Stifterinnen und einem Dritten vorausgesetzt. Die Hingabe eines Überweisungsträgers an die Bank genügt dazu nicht.
Der BFH lehnt auch die Anerkennung der Spende unter dem Gesichtspunkt der Zuwendung an eine sog. Vorstiftung ab. Mit der Rechtsprechung der FG und der herrschenden Literaturmeinung geht der BFH davon aus, dass eine Vorstiftung mangels eines Registrierungsverfahrens und einer Dotationspflicht vor Anerkennung zivilrechtlich nicht anzuerkennen ist und somit kein begünstigter Zuwendungsempfänger sein kann. Denn der Stifter ist - anders als der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft - nicht gezwungen, bereits vor der Entstehung der juristischen Person Vermögenswerte auf den erst noch entstehenden Rechtsträger zu übertragen.
A kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz (§ 10b Abs. 4 Satz 1 EStG) berufen. Denn über ihren Bevollmächtigten war ihr bekannt, dass im Zeitpunkt der Ausstellung der Spendenbescheinigung am 4.12.2007 die Stiftung noch nicht rechtlich existent war.
Die Revision wurde daher zurückgewiesen.
Hinweis
Der BFH lässt die Abziehbarkeit der Spende in 2008 ausdrücklich offen. Dagegen dürfte sprechen, dass für Zuwendungen ebenso wie für andere Sonderausgaben, das Abflussprinzip gilt. Möglicherweise kann die Spende zurückgezahlt und in 2008 steuerwirksam geleistet werden.
Der BFH ergänzt, dass die "Vorstiftung" dogmatisch nicht mit der Vorgesellschaft vergleichbar ist. Das Merkmal der Vorgesellschaft besteht darin, dass sie über eine Vermögensmasse verfügt, die im Verhältnis zu den sie einbringenden Gesellschaftern schon vor der Eintragung der Gesellschaft eine gewisse Verselbständigung erfahren hat. Im Stiftungsrecht findet dagegen eine solche Verselbständigung vor der Anerkennung der Stiftung nicht statt. Es entsteht kein Sondervermögen.
BFH, Urteil v. 11.2.2015, X R 36/11, (veröffentlicht am 1.4.2015)
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