Zinsen fließen mit der Gutschrift auf einem Sperrkonto zu, wenn die Sperre - wie z.B. zur Sicherung einer Rückzahlungsverpflichtung des Kontoinhabers - auf einer freien Vereinbarung zwischen Leistendem und Leistungsempfänger beruht. 

Hintergrund

Zu entscheiden war, ob Zinsen bereits in den Streitjahren 1998 bis 2001 oder erst im Jahre 2002 zugeflossen sind.

Die Ärztin (A) war an einer Gemeinschaftspraxis beteiligt. Nach ihrem Ausscheiden erstritt sie vor dem Landgericht den Betrag von rd. 2.3 Mio. DM zzgl. Zinsen gegen die von ihr verklagten Mitgesellschafter. Das in 1998 ergangene Urteil war vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank erbracht werden konnte. A vereinbarte mit der X-Bank, die die Bürgschaft stellte, den erstrittenen Gesamtbetrag (einschließlich Prozesszinsen von rd. 990.000 DM) bis zum Ergehen eines rechtskräftigen Urteils auf einem Sperrkonto als Sicherheit für die Bürgschaft zu hinterlegen. Der Rechtsstreit endete 2002 (nach erfolgloser Berufung und Revision) zugunsten der A. Mit dem Erlöschen der Bürgschaft nach Verfahrensbeendigung gab die X-Bank das gesperrte Konto frei. A ging davon aus, erst damit (d.h. in 2002) werde der Zufluss der Zinsen (Prozesszinsen und die aus der Verzinsung des Sperrkontos entstandenen Zinsen, insgesamt rd. 1.3 Mio. DM) bewirkt. Das Finanzamt und das Finanzgericht waren dagegen der Auffassung, die Zinsen seien in den einzelnen Veranlagungszeiträumen (1998 - 2001) zu erfassen.      

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Beurteilung durch das Finanzamt und das Finanzgericht. Die Zinsen sind A nicht erst 2002, sondern bereits zum Zeitpunkt der Gutschriften auf dem Sperrkonto zugeflossen. Dass A bis zur Rechtskraft des Urteils nicht frei darüber verfügen konnte, ändert daran nichts. Denn für die Sperre des Kontos war Voraussetzung, dass A Verfügungsberechtigte hinsichtlich des Guthabens geworden ist. Das war hier der Fall: Die Beklagten haben den Betrag und die Prozesszinsen an A geleistet. Diese hat sodann ihrerseits den empfangenen Betrag der X-Bank als Sicherheit für die ausgestellte Bürgschaft zur Verfügung gestellt. Die Verfügungsbeschränkung beruht somit auf der freiwilligen Entscheidung der A, den Geldbetrag auf einem Sperrkonto als Sicherheit für die von der X-Bank ausgestellte Bankbürgschaft für den Fall zu hinterlegen, dass die Bürgschaft der X-Bank in Anspruch genommen wird. Im Übrigen wäre zur Absicherung der X-Bank auch jede andere Sicherheit, wenn A darüber verfügt hätte, in Betracht gekommen. Beruht die Kontosperre auf einer freien Vereinbarung zwischen Leistendem und Leistungsempfänger, hindert das einen Zufluss nicht.

Hinweis

A wäre zwar zur Rückzahlung verpflichtet gewesen, wenn sie den Prozess in den weiteren Instanzen verloren hätte. Dazu hebt der BFH hervor, dass ein Zufluss von Einnahmen auch dann anzunehmen ist, wenn noch nicht zweifelsfrei feststeht, ob die Einnahmen dem Empfänger endgültig verbleiben.

Urteil v. 28.9.2011, VIII R 10/08, veröffentlicht am 28.12.2011