Umsatzsteuer beim Sale-and-lease-back
Hintergrund
Die A-GbR verfolgte ausschließlich den Zweck, elektronische Informationssysteme von der Fa. I zu erwerben, um diese sofort wieder gegen monatliche Leasingraten (gewinnbringend) an I zurück zu verleasen. A erhielt von I für den Kauf Darlehen in Höhe von 2/3 des Kaufpreises. Zweck dieser Sale-and-lease-back-Geschäfte war es, I die Aktivierung einer Forderung als Gegenwert für die Systeme zu ermöglichen. Denn I konnte für die von ihr entwickelten Systeme als selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter keinen Aktivposten ansetzen. Auf diese Weise konnte I ein höheres Eigenkapital und eine lohnendere Bonität ausweisen.
Im März 2007 rechnete A gegenüber I die Leasinggebühren in einer Dauerrechnung für die volle Vertragslaufzeit (48 Monate) ab und wies die USt mit 19 % offen aus. I leistete allerdings wegen Zahlungsschwierigkeiten lediglich eine Leasingrate. A erklärte dementsprechend für 2007 die USt (19 %) nur für die (eine) erhaltene Leasingrate (4.465 EUR) und machte einen geringen Betrag an Vorsteuern aus Beratungskosten geltend. Das FA ging dagegen davon aus, es lägen keine Lieferungen, sondern eine (steuerfreie) Kreditgewährung vor. Die im Leasingvertrag vereinbarte USt sei daher unberechtigt ausgewiesen und werde von A nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldet. Zu berücksichtigen sei somit die USt nicht nur für eine, sondern für 11 Monatsraten (49.115 EUR). Da die erste Rate erst im Februar 2007 zu leisten war, berücksichtigte das FA statt 12 nur 11 Monatsraten. Dem schloss sich das FG an und wies die Klage ab.
Entscheidung
Da die Verfügungsmacht an den Systemen durchgängig bei I verbleiben sollte, lag weder eine Lieferung von I an A noch anschließend von A an I vor. Vielmehr hat A eine sonstige Leistung gegenüber I erbracht. Denn I durfte das für die elektronischen Systeme selbst entwickelte Know-how, die Software und die Patente nicht aktivieren (§ 248 Abs. 2 HGB a.F., § 5 Abs. 2 EStG). Das Sale-and-lease-back-Geschäft ermöglichte es ihr aber, einen Gegenwert in Gestalt des Kaufpreises oder der Forderung an A als Aktivposten anzusetzen. Dadurch konnte sie ein höheres Eigenkapital ausweisen, höhere Gewinne ausschütten und eine bessere Bonität in Anspruch nehmen. Die Mitwirkung der A an dieser bilanziellen Gestaltung stellt eine sonstige Leistung dar, da der Empfänger I dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erhält.
Entgegen der Auffassung des FG liegt keine steuerfreie Kreditgewährung i.S. von § 4 Nr. 8 Buchst a UStG vor. Der Schwerpunkt der Leistung der A liegt nicht in der Finanzierung der I, sondern in der Mitwirkung an der bilanziellen Gestaltung. Denn die Verträge dienten der Finanzierung der I allenfalls insoweit, als der Kaufpreis von A selbst aufzubringen war. Dieser Zweck tritt jedoch zurück, da A den Kaufpreis nur zu 1/3 leistete und I ihn 2/3 finanzierte.
Das FG hat auch fälschlich angenommen, A schulde die in der Vorausrechnung ausgewiesene USt wegen fehlerhaften Steuerausweises nach § 14c UStG. A hat auf den Leasingvertrag Bezug genommen und dadurch die Leistung zutreffend bezeichnet. Aufgrund dieser Bezugnahme liegt kein unberechtigter Steuerausweis durch eine unrichtige Leistungsbezeichnung vor.
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hat festzustellen, ob A im Streitjahr 2007 zumindest eine Teilleistung erbracht hat und ob das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden ist. Wenn A ihre Leistung bereits mit Vertragsschluss erbracht hat, wäre die Steuer schon in 2006 und damit vor dem Streitjahr entstanden.
Hinweis
Die Entscheidung betrifft § 248 Abs. 2 HGB a.F. Danach durfte für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden, ein Aktivposten nicht angesetzt werden. Nach der Neufassung des Abs. 2 (Geltung ab 29.5.2009) können selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens als Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden. Nicht aufgenommen werden dürfen selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens.
Sale-and-leas-back-Geschäfte können umsatzsteuerlich als Kreditgewährung (§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG) anzusehen sein (BFH, Urteil v. 9.2.2006, V R 22/03, BStBl II 2006, 727, Abschn. 3.5 Abs. 7 UStAE). Da die Steuerbefreiungen des § 4 UStG jedoch als Ausnahmeregelungen eng auszulegen sind und im Streitfall der Schwerpunkt der Leistung in der Mitwirkung an der bilanziellen Gestaltung liegt, sind Umstände, die es rechtfertigen könnten, trotz der gebotenen engen Auslegung eine Kreditgewährung anzunehmen, nicht ersichtlich.
BFH, Urteil v. 6.4.2016, V R 12/15, veröffentlicht am 20.7.2016
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