Mehraufwendungen für Verpflegung bei sog. Einsatzwechseltätigkeit
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Hintergrund
Mehraufwendungen für Verpflegung sind auch bei beruflicher/betrieblicher Mitveranlassung grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar ( § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 1, 9 Abs. 5 EStG). Abgezogen werden können diese Aufwendungen jedoch im Fall einer rein betrieblichen/beruflichen Auswärtstätigkeit in den Grenzen und unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Nr. 5 Sätze 2 bis 6 EStG (in der bis einschließlich 2013 geltenden Fassung). Wird ein Steuerpflichtiger vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt beruflich tätig, so kann er für jeden Kalendertag einen nach der Dauer der täglichen Abwesenheit gestaffelten Pauschbetrag abziehen (Satz 2). Das gilt entsprechend, wenn der Steuerpflichtige bei seiner individuellen betrieblichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten tätig wird ( Satz 3; Fall der sog. Einsatzwechseltätigkeit). Bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt sich der pauschale Abzug nach Satz 2 auf die ersten drei Monate (Satz 5; sog. Dreimonatsfrist). Auf die konkrete Verpflegungssituation kommt es für den Abzug der Pauschalen ebenso wenig nicht an wie darauf, ob überhaupt ein Mehraufwand für Verpflegung entstanden ist (BFH, Urteil v. 19.1.2012, VI R 23/11, BStBl II 2012 S. 472).
Der Kläger des Streitfalls (K) ist als Außendienstmitarbeiter beschäftigt und wohnt in A. Der Firmensitz seines Arbeitgebers, den K nur gelegentlich aufsucht, befindet sich in C. Sein Vertriebsbezirk umfasst die Bereiche X,Y und Z. Diese steuert K regelmäßig von B aus an, wo er von Montag bis Freitag stets in derselben Pension übernachtet.
Das Finanzamt ging zwar zwar von einer Auswärtstätigkeit des K aus, es legte für die Berechnung der Mehraufwendungen für Verpflegung jedoch nicht die Abwesenheit des K von der Wohnung in A zugrunde, sondern nur von der Unterkunft in B und beschränkte den pauschalen Abzug auf die ersten drei Monate. Das Finanzgericht wies die Klage ab (EFG 2014 S. 742).
Entscheidung
Der BFH entschied, dass K bei seiner Auswärtstätigkeit weder an einer regelmäßigen Arbeitsstätte noch an einem Tätigkeitsmittelpunkt zum Einsatz gekommen ist. Vielmehr hat er eine sog. Einsatzwechseltätigkeit ausgeübt, bei der die sog. Dreimonatsfrist nicht zur Anwendung kommt.
Für die Berechnung der Pauschalen für die Verpflegungsmehraufwendungen sind die Abwesenheitszeiten des K von seiner Wohnung in A zugrunde zu legen. Die Unterkunft in der Pension in B erfüllt nicht den Wohnungsbegriff des § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG (Hinweis auf BFH, Urteil v. 11.5.2005, VI R 7/02, BStBl II 2005 S. 782).
Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Da bislang keine tatsächlichen Feststellungen zu den täglichen Abwesenheitszeiten des K von seiner Wohnung in A getroffen worden sind, wird das Finanzgericht dies in dem erneuten Verfahren nachzuholen haben.
Hinweis
Mit dem UntStReisekÄndG v. 20.2.2013 (BGBl I 2013 S. 283) ist mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2014 das steuerliche Reisekostenrecht neu geregelt worden. Das grundsätzliche Abzugsverbot für Verpflegungsmehraufwendungen ist zwar nach wie vor in § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 1 EStG enthalten, die für den eingeschränkten Abzug maßgeblichen Regelungen befinden sich nun aber in § 9 Abs. 4a EStG, auf den § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 EStG verweist. Während das Gesetz für den betrieblichen Bereich nach wie vor von dem „Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit“ spricht, ist in dem für Arbeitnehmer geltenden Reisekostenrecht der Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ durch den der „ersten Tätigkeitsstätte“ ersetzt worden. Die erste Tätigkeitsstätte wird in § 9 Abs. 4 EStG definiert als „ die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers,...der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist“. Neu ist, dass nunmehr ebenfalls der Begriff „Wohnung“ im Rahmen des Reisekostenrechts gesetzlich definiert wird. Wohnung ist danach „der eigene Hausstand, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet sowie eine Unterkunft am Ort der ersten Tätigkkeitsstätte im Rahmen der doppelten Haushaltsführung“ (§ 9 Abs. 4a Satz 4 Halbsatz 2 EStG). Aus dieser Definition wird besonders deutlich, dass die Unterkunft des K im Streitfall (die Pension in B) nicht als dessen Wohnung angesehen werden kann.
Unklar ist, ob nach der gesetzlichen Neuregelung – anders als bisher – für den steuerlichen Abzug Voraussetzung ist, dass Verpflegungsmehraufwendungen auch tatsächlich entstanden sein müssen. Der Wortlaut des § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG, wo von „tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen“ die Rede ist, könnte dafür sprechen. Gegen eine sachliche Änderung spricht allerdings, dass nach der Gesetzesbegründung - auch durch die Neuregelung - lediglich der das Normalmaß übersteigende Mehraufwand für Verpflegung typisierend festgelegt werden sollte (BT-Drs. 17/10774 S. 15). Im Schrifttum werden dazu unterschiedliche Auffassungen vertreten. Es bleibt zu hoffen, dass der BFH möglichst schnell Gelegenheit bekommt, diese Frage zu klären.
Urteil v. 8.10.2014, VI R 95/13, veröffentlicht am 10.12.2014
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