Zuwendungen an eine in der EU belegene Kirche
Hintergrund: Spende an eine rumänische Kirchengemeinde
Die Spenderin A beantragte für 2010 den Sonderausgabenabzug für ihre Zuwendungen an eine griechisch-katholische Pfarrgemeinde in Rumänien. Die Gemeinde ist eine "rumänische juristische Person mit religiösem Charakter", die wohltätige und kulturelle Zwecke verfolgt. Die Zuwendungen der A dienten der Errichtung einer Kirche, die in 2010 fertiggestellt wurde. Der Name der A wurde in den Altar eingraviert. Sie wird bei jeder in der Kirche abgehaltenen Messe im den Fürbitten namentlich erwähnt. Sie wurde zur Weihe der Kirche eingeladen und über die Weihe erschien in der örtlichen Presse ein Artikel, in dem das Engagement der A als Spenderin aus Deutschland namentlich aufgeführt wurde.
Das FA ging aufgrund der vorgelegten Bescheinigungen davon aus, dass die formellen Voraussetzungen für den Spendenabzug vorlagen, insbesondere, dass es sich bei der Zuwendungsempfängerin um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handele. Streitig war im Verfahren vor dem FG im Wesentlichen nur noch, ob der nach § 10b Abs. 1 Satz 6 Alternative 2 EStG erforderliche Inlandsbezug (Beitrag zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland) gegeben war. Das FA verneinte den Inlandsbezug, da dieser nur bei einer nachhaltigen Verbesserung des Rufs Deutschlands in der Welt bejaht werden könne. Das FG vertrat eine großzügigere Auffassung und gab der Klage statt. Bei einer ausländischen gemeinnützigen Organisation könne ohne weitere Prüfung von einer möglichen Ansehenssteigerung ausgegangen werden.
Entscheidung: Der Inlandsbezug einer Auslandsspende wird indiziert
Wie der Inlandsbezug zu verstehen ist, ergibt sich im Wesentlichen aus der Entstehungsgeschichte des § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG. Nach der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum JStG 2009 (BTDrucks 16/11108, S. 46) sollte – anders als noch im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 16/10189, S. 80) – durch die Formulierung, die Tätigkeit der Körperschaft müsse auch zum Ansehen Deutschlands beitragen können, besser verdeutlicht werden, dass es keiner spürbaren oder messbaren Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands bedürfe. Die Tätigkeit müsse nicht – wie ursprünglich gefordert – "in nicht nur unbedeutendem Umfang" der Ansehensförderung oder darüber hinaus sogar einer Steigerung des Ansehens dienen. Außerdem sei der mögliche Ansehensbeitrag nicht als eigenständiger Nebenzweck zu sehen. Bei in Deutschland ansässigen Organisationen werde ein möglicher Beitrag zum Ansehen Deutschlands - ohne besonderen Nachweis - bereits dadurch erfüllt, dass sie sich personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke im Ausland beteiligten (Indizwirkung).
Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Organisationen
Hiervon ausgehend bejaht der BFH – mit dem FG – den Inlandsbezug. Die Gravur des Namens der A am Fuße des Altars, ihre Nennung in den Fürbitten, ihre Einladung zur Weihe und Erwähnung in der Presse sowie unabhängig davon auch allein der Umstand, dass den Gottesdienstbesuchern die Ansässigkeit der Spenderin in Deutschland bekannt ist, reichen dafür aus, dass die gemeinnützige Tätigkeit der rumänischen Kirchengemeinde auch zum Ansehen Deutschlands beitragen kann. Denn nach dem Regierungsentwurf zum JStG 2009 (BTDrucks 16/10189, S. 80) soll die personelle, finanzielle oder anderweitige Beteiligung inländischer Forschungseinrichtungen an internationalen Aktivitäten gefördert werden. Da demnach bereits die finanzielle Beteiligung einer inländischen Forschungseinrichtung an internationalen Aktivitäten für den Inlandsbezug ausreicht, ist es naheliegend, dass dies auch für die finanzielle Unterstützung einer ausländischen gemeinnützigen Einrichtung durch eine inländische Privatperson gilt. Wenn ein inländischer Zuwendungsempfänger als sog. Mittelbeschaffungskörperschaft (§ 58 Nr. 1 AO) ausländische Körperschaften in ihren gemeinnützigen Zwecken unterstützen kann, muss das auch für eine Spende, die der ausländischen Einrichtung direkt von einem Spender zugewendet wird, gelten.
Feststellung des Auslandsrechts durch das FG
Obwohl der BFH den Inlandsbezug der Zuwendung (und darüber hinaus auch die Unentgeltlichkeit und das Vorliegen von Zuwendungsbescheinigungen) bejaht, wurde die Sache an das FG zurückverwiesen. Denn es fehlen Feststellungen dazu, ob die Kirchengemeinde eine juristische Person des öffentlichen Rechts i.S. von § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG ist. Das beurteilt sich nach rumänischem Recht. Das FG hat den konkreten Inhalt des einschlägigen Auslandsrechts festzustellen. Sollte die Kirchengemeinde keine juristische Person des öffentlichen Rechts, sondern des Privatrechts sein, müsste das FG weiter prüfen, ob die Voraussetzungen des § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG (private Körperschaft, Personenvereinigung) erfüllt sind.
Hinweis: Die finanzielle Beteiligung indiziert den Inlandsbezug
Der Zweck der Regelung liegt letztlich darin, Tätigkeiten im Ausland mit deutschen Mitteln nur zu fördern, wenn damit als Vorteil für Deutschland zumindest ein Beitrag - also eine Steigerung - des Ansehens Deutschlands verbunden ist. Das kann, wie der Vergleich mit Auslandsaktivitäten inländischer Forschungseinrichtungen zeigt, bereits bei einer finanziellen Beteiligung der Fall sein. Sie indiziert die Ansehenssteigerung. Diese liegt jedenfalls dann vor, wenn – wie im Streitfall - nach außen hin die Förderung mit deutschen Mitteln erkennbar wird. Nach Abschn. 7 Abs. 2 Satz 3 AEAO zu § 51 AO gilt die Indizwirkung nur bei Auslandstätigkeiten von inländisch ansässigen Körperschaften. Sie betrifft nicht – wie im Streitfall – ausländische Körperschaften (Abschn. 7 Abs. 3 Satz 2). Diese Differenzierung entbehrt einer Rechtgrundlage. Nach der weiten Auslegung durch den BFH kommt dem Merkmal des Inlandsbezugs kaum mehr praktische Bedeutung zu.
BFH, Urteil v. 22.3.2018, X R 5/16; veröffentlicht am 4.7.2018.
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